Ungewohnt PR-arm hat die DB Cargo AG kurz vor der Präsentation der Halbjahresbilanz des DB-Konzerns ihren Geschäftsbericht für das vergangene Jahr veröffentlicht. Das 858-Millionen-Defizit bedeutet bei einem Umsatz von knapp vier Milliarden Euro, dass die Staatsgüterbahn etwa jeden fünften Zug an ihre Kunden verschenkt hat. Die Zeche zahlen Kolleg:innen, Wettbewerbsunternehmen und der Fiskus – und der soll jetzt auch noch stärker zu Lasten der Klimaziele zur Kasse gebeten werden.
„Ein Defizit von 858 Millionen Euro entspricht einer Elbphilharmonie nach Baukostenexplosion in einem einzigen Jahr. Wo war der Bund als Eigentümer, der eine „aktive Beteiligungsführung“ betreiben muss und wie rechtfertigt die Regierung immer mehr Subventionen für die DB Cargo zu Lasten knapper Investitionsmittel?“, fragt Peter Westenberger, Geschäftsführer der GÜTERBAHNEN. Den Verband sorgt besonders, dass überfällige Investitionen in die Infrastruktur zu Gunsten weiterer DB Cargo-Defizite unterlassen werden und darunter das gesamte Schienengüterverkehrssystem leidet. Beispielsweise will der Bund 2024 für die versprochene Elektrifizierung von Güterstrecken gerade mal 10,3 Millionen Euro ausgeben. Westenberger: „Das Ziel der Regierung, bis 2030 25 Prozent Schienenanteil am Güterverkehr zu haben, braucht Investitionen statt Subventionen. Bund und DB Cargo sind in einer toxischen Beziehung, in der keiner der beiden in der Lage ist, nötige Veränderungen anzugehen – und hoppla, wieder ein Jahr vorbei und wieder Abermillionen weg.“
Als Vertreter des privaten Schienengüterverkehrs erheben DIE GÜTERBAHNEN drei Forderungen an die Regierung:
Aktuell übernimmt wie bereits viele Jahre zuvor der DB-Konzern das Defizit seiner Tochter auf der Grundlage eines „Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages“. Seit 2012 flossen so fast vier Milliarden Euro in die roten DB Cargo-Kassen. Im Ergebnis müssen gewinnbringende Konzernsparten und die mit rund 30 Milliarden Euro rekordhohe Konzernverschuldung den Ausgleich bewerkstelligen. Auf diesem Weg finanzieren selbst die Wettbewerber immer wieder über Gewinne, die von den DB-Infrastrukturunternehmen aus Nutzerentgelten erzielt werden, DB Cargo mit.
Das Defizit wäre noch viel höher gewesen, wenn die DB Cargo nicht 2022 über 180 Millionen Euro aus staatlichen Förderprogrammen eingenommen hätte – eine Position, die noch vor wenigen Jahren kaum ins Gewicht fiel.
DB Cargo begründet die tiefroten Zahlen wenig überzeugend. An erster Stelle stehen die vermehrten Baustellen im Netz. Zweifellos ein großes Problem, doch die unter der gleichen schlechten Netzqualität leidenden Wettbewerber schreiben dennoch allen Krisen zum Trotz leicht schwarze Zahlen. Dass der ebenfalls angeführte Einzelwagenverkehr, den bislang zum größten Teil die DB Cargo betreibt, grundsätzlich nicht wirtschaftlich zu betreiben ist, widerlegen ebenfalls private Güterbahnen längst. Ob er bei DB Cargo der zentrale Faktor ist, muss bezweifelt werden. DB-Chef Richard Lutz bezifferte das EWV-Defizit gegenüber dem Bundestag 2019 noch mit 140 Millionen Euro. Doch selbst diese Zahl wurde nicht belegt und in der Branche wird vermutet, dass der Ganzzugverkehr der DB Cargo auch durch ihr Einzelwagenverkehrssystem gestützt wird. Relevant für das Cargo-Desaster sind die sinkende Produktivität (Trassen-/Zugkilometer je Mitarbeiter:in) und Dumpingpreise, mit denen wettbewerbswidrig Marktanteile gesichert, aber Wettbewerber geschädigt werden.
"Auch der Bundesrechnungshof und die EU-Wettbewerbskommissarin, die vor eineinhalb Jahren eine Untersuchung zu Staatshilfen an die DB Cargo eingeleitet hat, erinnern den Bund an Selbstverständlichkeiten: Subventionen aus Steuergeldern nicht ohne triftigen Grund ausschütten und fairen Wettbewerb erhalten. Stattdessen macht der Bund auf business as usual und der Verkehrsminister lächelt auf Fototerminen mit dem DB-Management um die Wette. Das kommt bei den Wettbewerbern nicht gut an, denn wo normale Eigentümer längst die Notbremse gezogen hätten, plant der Bund nun eine spürbare weitere Aufstockung der Subventionen für „seine“ Güterbahn“, so Westenberger.
300 Millionen Euro jährlich zur Förderung des Einzelwagenverkehrs stehen im Raum. Wie diese Zahl zustande kommt, wissen DIE GÜTERBAHNEN ebenso wenig wie vermutlich die Regierung. DB Cargo knüpft ihre Vorstellungen zur Höhe an keine konkrete Zusage zur Verlagerung von Verkehren von der Straße auf die Schiene. „Es gibt also keine Zusage, dass das Geld zu mehr gut ist als dem Stopfen der Löcher bei der DB Cargo“, so Westenberger. Auch soll nach dem derzeitigen Entwurf der Förderrichtlinie fast ausschließlich die DB Cargo profitieren. „Wir hatten dem BMDV vor den politischen Diskussionen bereits ein wettbewerbsneutrales Konzept vorgestellt – das vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und uns erarbeitete Branchenmodell. Es sieht im Unterschied zu dem von der DB Cargo stark beeinflussten Förderrichtlinien-Entwurf vor, keine gebündelten Transporte zu fördern, sondern sich auf die „erste und letzte Meile“ zu konzentrieren. Um mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen, sollen nach dem Branchenmodell die sogenannten Bedienfahrten unterstützt werden, allerdings nur dort, wo heute kein oder zu wenig Verkehr in Gleisanschlüssen stattfindet. Westenberger abschließend: „Statt irreführend so genannte „Anschlussfahrten“ mit längeren und daher leichter wirtschaftlich zu betreibenden Zügen quer durch’s Land auf Kosten der Steuerzahlenden zu subventionieren, muss die DB Cargo ihre Verkehrsorganisation verbessern.“
Pressekontakt: Daniela Morling, mobil: + 49 151 555 081 83, E-Mail: morling@netzwerk-bahnen.de