Erfahrungen aus der Schweiz nutzen: Langfristiger Finanzierungsfonds und bessere Kontrolle der Ausgaben
„Schon eine spürbare Kursänderung, erst recht aber eine Wende in der Verkehrspolitik erfordert deutlich höhere Investitionen in die Infrastruktur und technologische Innovationen des Schienenverkehrs“ ist der Vorstandsvorsitzende des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), Ludolf Kerkeling, überzeugt. Kerkeling warnte davor, den Bürgern blühende Eisenbahnlandschaften vorzugaukeln ohne seriöse Finanzierung.
Der Verband sieht den weiterhin auf 1,6 Milliarden Euro pro Jahr begrenzten Topf für sämtliche Neu- und Ausbaumaßnahmen als wichtigsten Indikator für die Zukunftsorientierung an. Kerkeling: „Das ungleich kleinere Österreich zum Beispiel investiert in die Erweiterung seines Schienennetzes in diesem Jahr über 1,3 Milliarden Euro.“
Zugleich müsse aber auch das Ungleichgewicht der Infrastrukturfinanzierung zwischen den staatlichen Ebenen genauer analysiert werden. Alleine die Ausgaben des Bundes für Straßen und Schienen miteinander zu vergleichen, greife zu kurz. Länder und Kommunen investierten kaum in die Schienen-, aber sehr viel in die Straßeninfrastruktur. Nach einer Studie im Auftrag des Netzwerks liegt das Verhältnis über alle staatlichen Ebenen ungefähr bei 3 (Straße) zu 1 (Schiene).
Die Große Koalition sei nun gefordert, eine verlässliche langfristige Finanzierungsbasis für eine innovative und leistungsfähige Schieneninfrastruktur zu schaffen. Es reicht nicht, wenn die Koalitionsfraktionen in ihrem jüngst vorgelegten Bundestagsantrag die richtige Zusammenstellung der Aufgaben unter den Vorbehalt „der verfügbaren Haushaltsmittel“ stellen.
Zunächst erwartet der Verband aber vom Bundeskabinett im Beschluss des Haushaltsentwurfs für 2020 eine deutliche Steigerung der Investitionen für Neu- und Ausbau des Schienennetzes im Mittelfristzeitraum bis 2023, den Einstieg in die Innovationsförderung und die Förderung aller Komponenten des Leit- und Sicherungssystems ETCS, also auch der On-Board-Units (OBU), die in die Lokomotiven eingebaut werden müssten.
Für die längerfristige Planung der Infrastrukturinvestitionen macht sich das Netzwerk für eine gesetzlich eingerichtete Fondslösung stark. Dort sollten die Bundesmittel sowohl für Ersatz und Modernisierung im bestehenden Netz als auch für den notwendigen Neu- und Ausbau gebündelt werden. Die Umsetzung durch die Schieneninfrastrukturbetreiber müsse von einem modernisierten Behördenapparat ähnlich wie in der Schweiz vorbereitet und effizient kontrolliert und transparent berichtet werden. Grundlage des wahlperiodenübergreifenden Leistungsgesetzes müsse ein vom Bund beschlossenes Deutschland-Takt-Konzept sein. Vorteile einer solchen Lösung wären auch die Verstetigung der volkswirtschaftlichen Effekte in konjunkturell schwächeren Perioden sowie eine höhere Leistungsfähigkeit der Bahnbau-Industrie.
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