Informell stehen der Streit um Kindergrundsicherung und Wachstumschancengesetz m Mittelpunkt der Klausurtagung des Bundeskabinetts in Meseberg. Offizieller inhaltlicher Schwerpunkt ist allerdings die Digitalisierung. Auch bei der Schiene redet die Regierung mehr über digitale Steuerung als zu handeln.
„Den Erfolg der anstehenden Kabinettsklausur in Meseberg bewerten die GÜTERBAHNEN nicht an der Ankündigung neuer visionärer Projekte, sondern daran, ob bereits einsatzbereite Digitaltechnik, vor allem das einheitliche europäische Zugbeeinflussungssystem bzw. European Train Control System (ETCS), nun auch in die konkrete Umsetzung gebracht wird“, so Neele Wesseln, Geschäftsführerin der GÜTERBAHNEN. Im Eisenbahnverkehr sind digitale Innovationen der Schlüssel zu einem noch besser gesteuerten Eisenbahnverkehr, der die Produktivitätsanforderungen der Verkehrswende erfüllt. Doch, weit gekommen ist die Bundesregierung damit bislang nicht. Wesseln: „Werden die privaten Güterbahnen in Deutschland nach den TOP-Innovationen für den Schienengüterverkehr gefragt, steht ETCS ganz oben.“ Das Bundeskabinett will mit dem vorliegenden Entwurf zum Bundeshaushaltsplan 2024 die Mittel für das Projekt gegenüber dem laufenden Jahr mehr als verdoppeln.
„Das ist ein sehr positives Signal für die Verkehrswende und die Güterbahnen, die weiter wachsen wollen. Deswegen braucht es jetzt umso mehr einen belastbaren Plan zur Finanzierung und Umrüstung sowohl der Schienenfahrzeuge als auch der Strecken“, kommentiert Wesseln. „Während viele umliegende Länder die flächendeckende Einführung bereits umgesetzt haben oder aktuell umsetzen, steckt Deutschland in einer scheinbar endlosen Slow Motion-Erprobungsphase.“
Dabei ist der Mehrwert für die Eisenbahn im Testbetrieb bereits untersucht und nachgewiesen worden: In Kombination mit ergänzenden, auf ETCS aufbauenden Technologien könnten sich langfristig weitreichende positive Effekte für die Sicherheit, Interoperabilität und die Kapazität auf dem stark überlasteten Schienennetz ergeben.
DB Netz hat angekündigt, bis 2028 Teile der hochfrequentierten Hochleistungskorridore auf ETCS umzurüsten – um Geld zu sparen ohne Weiterbetrieb der vorhandenen Zugsicherungssysteme. Der Fachbegriff dafür lautet „ETCS-only“. Jedoch könnten Lokomotiven, die mit den bislang üblichen Zugsicherungssystemen ausgerüstet sind, darauf nicht länger fahren.
Wesseln: „Selbst kurze „ETCS-only“-Streckenabschnitte würden Güterverkehre und somit die Verkehrsunternehmen um ihre Existenz bringen, wenn die Fahrzeuge bis dahin nicht mit dem neuen System der Infrastruktur kommunizieren können. Das wäre so, als baue man im ganzen Haus neue, sicherere Schlösser ein und vergisst dabei die Herstellung der Schlüssel. Deswegen müssen die Fahrzeuge zuerst umgerüstet und dies in der Gesamtfinanzierung durch den Bund berücksichtigt werden.“
Die Umrüstung der Bestandsfahrzeuge wird aufgrund der umfangreichen Engineering-Projekte, den verfügbaren Werkstattkapazitäten und den komplexen Zulassungsbestimmungen zwangsläufig mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die entsprechenden Kosten müssen politisch aufgefangen werden.
Um die Verkehrsverlagerung auf die Schiene nicht zu sabotieren, braucht Deutschland eine zeitnahe, unkomplizierte und vollumfängliche Förderung der Umrüstmaßnahmen, spätestens ab 2024 – beginnend mit einem konkreten Umrüstplan. Nur dann können die Eisenbahnunternehmen frühzeitig starten und einen Großteil der Fahrzeugflotten bis 2028 umrüsten, so dass die Pläne von DB Netz und Politik auch Realität werden können. „Ansonsten droht, dass die Inbetriebnahme des modernen Zugleitsystems weiter verschoben werden muss, weil ansonsten kaum jemand auf der neuen Infrastruktur fahren kann“, so Wesseln abschließend.
Infokasten: Zugleit- und sicherungssysteme Jeder Zug benötigt eine offizielle Erlaubnis, um einen bestimmten Streckenabschnitt befahren zu dürfen – anders als ein Lkw, dessen Fahrer:in zum Beispiel bei einem Stau auch spontan und ohne Rücksprache auf eine andere Strecke ausweichen kann. Die Lokführer:innen erkennen anhand von optischen Signalen, wann sie losfahren und wann sie bremsen müssen. Bei einem solchen System können sich menschliche Fehler einschleichen. Daher wurden schon früh sogenannte Zugleit- und Sicherungssysteme eingeführt, die ein Fahrzeug im Zweifelsfall verlangsamen oder rechtzeitig stoppen und so für einen sicheren Funktionsablauf beim fahrenden Zug sorgen. Problem dabei ist, dass sich diese Systeme in Europa von Land zu Land unterscheiden und einen grenzüberschreitenden Schienenverkehr sehr teuer machen, weil auf den Loks entsprechend unterschiedliche Systeme verbaut sein müssen. |
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