Die Parlamentsdebatte über den Haushalt 2024 beginnt morgen und im Verkehrsbudget richtet sich die Aufmerksamkeit vor allem auf die Schiene. 45 Milliarden Euro zusätzlich in den kommenden vier Jahren sollen kommen, um die Schieneninfrastruktur für die Wachstumsziele der Ampel fitzukriegen. Doch neben der offenen Frage, ob und wie das Geld aufgebracht wird, wollen DIE GÜTERBAHNEN auch sicher sein, dass die beeindruckende Summe wirklich für Verkehrswachstum auf der Schiene ausgegeben wird.
DIE GÜTERBAHNEN schlagen vor, mindestens zwei Drittel der Summe, also 30 Milliarden Euro, kapazitätssteigernd einzusetzen. „Mehr Platz, mehr Züge und mehr Pünktlichkeit erreichen wir nur, wenn wir beim Schienenausbau aus den Puschen kommen. Konkret: Wir stellen mit den Zusatz-Milliarden beim Neu- und Ausbau von Zeitlupe auf mehrfache Geschwindigkeit. Es geht um neue Strecken- und Abstellgleise sowie die neue Leit- und Sicherungstechnik ETCS samt neuen Stellwerken, aber auch Elektrifizierungen sowie schnell umsetzbare Kleine und Mittlere Maßnahmen“, sagt Neele Wesseln, Geschäftsführerin der GÜTERBAHNEN und ergänzt: „In die Generalsanierung des bestehenden Netzes, die wichtig, aber kaum kapazitätssteigernd ist, soll ein Drittel der Zusatzmittel investiert werden. Sollten diese 15 Milliarden Euro nicht ausreichen, das Schienennetz zügig und nachhaltig zu sanieren, muss nochmal über Aufstockungen gesprochen werden.“ Nüchtern betrachtet, ist die regelmäßige Sanierung des bestehenden Netzes seit Jahrzehnten verschleppt worden und nun zwingend, damit der jetzige Verkehr künftig störungsfrei fahren kann. Für mehr Züge und Verkehr braucht es neue Gleise und den Ausbau vorhandener Strecken.
Dass Verkehrsminister Wissing für die zusätzlichen 45 Milliarden Euro kämpft, sehen DIE GÜTERBAHNEN als ermutigendes Signal. Bisher hat die Koalition allerdings nur einen Teil der Zusatz-Milliarden über den Entwurf des regulären Bundeshaushalts samt Klima- und Transformationsfonds vorgesehen und denkt über zusätzliche Schulden und eine Eigenkapitalerhöhung bei der DB nach (mehr dazu s. Info), um die Schuldenbremse einzuhalten. Sinnvoller wäre eine Kombination aus klugem Subventionsabbau im Verkehrssektor und der Verkauf der DB Schenker AG. Hier liegt ein finanzielles Potenzial in Höhe von 7,4 Milliarden Euro jährlich plus dem einmaligen Verkaufserlös von zuletzt in der Öffentlichkeit diskutierten 20 Milliarden Euro. „BAföG, Sozialausgaben oder ähnliches muss die Ampel ganz bestimmt nicht für den Schienenausbau kürzen“, so Wesseln (mehr dazu hier).
2024 könnte die Ampel erstmals ihr Koalitions-Versprechen einlösen, mehr Geld in die Zukunft der Schiene als für die Straße zu investieren. „Wir vergleichen dafür die kapazitätssteigernden Investitionen. Jedenfalls wäre uns das ein lautes „Bravo!“ wert“, so Wesseln. Doch den GÜTERBAHNEN fehlen Transparenz und die öffentliche Debatte über die geplante Verwendung des Geldes. Der Bund und die DB, die im Infrastrukturbereich ab 2024 gemeinwohlorientiert arbeiten soll, schweigen. „Uns irritiert, dass die DB kaum zusätzliches Geld für den Neu- und Ausbau haben will und hier auch keine Beschleunigung plant – nicht einmal bei den Vorhaben, die für Umleiterverkehre bei der geplanten Vollsperrung von 43 Korridoren zur Generalsanierung allein bis 2030 essenziell wären.“
Das von DB und Bund vorzulegende Konzept zur Verwendung des Geldes muss anhand der verkehrspolitischen Ziele Antworten geben, welche Maßnahmen priorisiert werden müssen und Flexibilität gewährleisten, wenn Mittel aufgrund von Planungsrecht oder knappen Baukapazitäten – vor allem im kommenden Jahr – nicht vollständig ausgegeben werden können. Nicht ausgegebenes Geld sollte in zwei von der Beschleunigungskommission Schiene vorgeschlagenen Infrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild (einer für Bestandserhalt, einer für Neu- und Ausbau) gesichert werden, was Planungssicherheit vor allem für die Bauindustrie schafft.
„Bundesregierung und DB müssen nun schnell die offenen Fragen beantworten und parallel mit Branche und den Parlamentarier:innen diskutieren“, so Wesseln abschließend.
+++ Info +++
Ab dieser Woche berät das Parlament über den Bundeshaushalt 2024 sowie den Klima- und Transformationsfonds. Derzeit sehen die Überlegungen der Bundesregierung zur Finanzierung der 45 Milliarden Euro vier Stränge vor. Die bereits vereinbarte Novelle der Lkw-Maut bringt laut Haushaltsentwurf 5,4 Milliarden Euro im Jahr 2024. Allerdings verschwindet diese Summe teilweise in anderen Haushaltstiteln, sodass sie zu den zusätzlichen 45 Milliarden Euro bisher einen zu geringen Beitrag leistet. Es fehlt demnach noch einiges bis zu den anvisierten 11,5 Milliarden im jährlichen Schnitt bis 2027. Weitere 12,5 Milliarden Euro sollen bis 2027 erstmals aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) kommen. Laut Presseberichten sollen außerdem eine Neuverschuldung der DB im Umfang von rund drei und eine Eigenkapitalzuführung seitens des Bundes von 11,5 Milliarden Euro geprüft werden (bis 2027).
Eine Finanzierung von Beihilfen aus den 45 Milliarden muss aus Sicht der GÜTERBAHNEN ausgeschlossen werden. Das Geld wurde für Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Schiene versprochen, daher müssen Beihilfen, wenn überhaupt erforderlich, im regulären Einzelplan 12 budgetiert werden.
Auch die gewählten Finanzierungsinstrumente müssen gründlich diskutiert werden. Statt einer weiteren Verschuldung der DB AG und Eigenkapitalzuführungen könnten der vorgeschlagene Infrastrukturfonds oder der Klima- und Transformationsfonds möglicherweise besser geeignet sein. Mehreinnahmen des Bundes durch Subventionsabbau und den Verkauf von DB Schenker könnten dort schuldenbremsenneutral für die Schieneninvestitionen bereitgestellt werden. Ungewollte Nebenwirkungen – etwa ein Trassenpreisanstieg infolge des steigenden Eigenkapitals der DB – müssen durch parallele Gesetzesänderungen ausgeschlossen werden.
Pressekontakt: Daniela Morling, mobil: + 49 151 555 081 83, E-Mail: morling@netzwerk-bahnen.de