Schon Mitte Dezember 2023 waren im Hauptquartier des deutschen Schienennetzbetreibers neben dem Frankfurter Hauptbahnhof die Schilder ausgetauscht worden. Aus der DB Netz AG wurde durch eine aktienrechtliche Verschmelzung mit der DB-Bahnhofstochter DB Station&Service AG mit Wirkung zum Neujahrstag 2024 die DB InfraGO AG. Ein Jahr später und zum Ende der Ampel bilanzieren die GÜTERBAHNEN.
Die Ampel-Regierung hat ihre Chancen zur Reform der deutschen Eisenbahnorganisation nicht genutzt. Die kommende Bundesregierung muss die Schieneninfrastruktur-Unternehmen aus dem DB-Konzern herauslösen und nach dem Schweizer Vorbild effizient steuern und finanzieren. GÜTERBAHNEN-Geschäftsführer Peter Westenberger: „Die Institutionen und Prozesse rund um die Schieneninfrastruktur haben eine Generalsanierung dringend nötig – nicht nur 40 einzelne Eisenbahnstrecken.“
Ein Jahr nach dem zu Unrecht als „Zeitenwende“ (DB-Chef Richard Lutz) teuer gefeierten Start der DB InfraGO AG werden aus Sicht der GÜTERBAHNEN weiterhin Kernprobleme verdrängt. Für die von der Performance des Infrastrukturbetreibers abhängigen Verkehrsunternehmen auf der Schiene – egal ob es sich dabei um DB-Töchter oder die Wettbewerbsunternehmen handelt – ging es 2024 auch unter dem neuen Unternehmensnamen insgesamt bergab.
Die Qualität im laufenden Betrieb ist 2024 weiter gesunken. Das ist auch auf akute Mängel bei der Personalausstattung von Stellwerken und in Fahrplanbüros zurückzuführen, die keine unmittelbare Folge fehlender Investitionsbudgets sind. Die reale Transportdauer im Güterverkehr ist 2024 im Ergebnis weiter angestiegen.
Befragte Eisenbahnunternehmen hatten schon im Sommer keine Verbesserung der Kundenorientierung in einer Umfrage festgestellt, aber im Dezember dafür einen historischen Anstieg der Trassenpreise hinnehmen müssen. Die Talfahrt der Produktivität des Schienennetzbetreibers ist auch 2024 nicht umgekehrt worden. Es gibt immer weniger Schiene für immer mehr Geld und die formal seit 01. Januar 2024 gemeinwohlorientierte DB InfraGO hat noch höhere Trassenpreise beantragt.
Die umfassende Gefrierschock bei neuen Streckenausbau-Vorhaben ist eine erneute historische Zäsur nach der Vollbremsung in der Finanzkrise 2009. Der verschleppte Netzausbau – 2024 gingen gerade einmal 48,2 Kilometer neue Strecken in Betrieb - steht im vollständigen Widerspruch zu den verkehrspolitischen Zielen der Regierung. Er kann auch durch den weiteren Anstieg bei der Sanierung des Bestandsnetzes nicht gerechtfertigt werden. Westenberger: „Zumal auch nach der Riedbahn-Wiedereröffnung die geplanten weiteren Korridorsanierungen konzeptionell in vielen Fällen unklar sind. Vertrieb und Planung in den Eisenbahnverkehrsunternehmen stehen die Schweißperlen auf der Stirn.“
Hinzu kommt für die Wettbewerber der DB, dass die DB-Konzernleitung immer noch intern und im Umgang mit dem Eigentümervertreter und der Politik ihre Interessen auch mit Hilfe der zur Neutralität verpflichteten Schieneninfrastrukturunternehmen durchsetzt. „Der Bundesverkehrsminister hat zwar das Finanzierungs-, aber nicht das Organisationsproblem benannt“, so Westenberger.
Aus der Gründung einer „neuen, gemeinwohlorientieren Infrastruktursparte“ (Ampel-Koalitionsvertrag) haben DB und Verkehrsminister eine – noch dazu unvollendete - Scheinreform gemacht. Besonders beeindruckend zeigt sich der Früh- und Fehlstart der DB InfraGO bei der Analyse von Ankündigungen zur neuen Steuerung durch das Ministerium. Im angekündigten „Steuerungsrucksack“ sollten sich neue Gemeinwohlziele, ein InfraPlan, ein Kennzahlenset und eine Steuerungseinheit im Ministerium, ein neuer Beirat sowie mehr Transparenz befinden. Lediglich der ohne gesetzliche Grundlage diskutierende Beirat und eine Unterabteilung im Ministerium existieren bisher. Der Bundesrechnungshof bescheinigte ihr kürzlich der Steuerungsgruppe im September, dass ihre „Bemühungen, den Einfluss des Bundes zu stärken, (…) am Widerstand des Konzerns und der mangelnden Durchsetzung des BMDV gescheitert (sind)“.
Westenberger abschließend: „Die Konsequenzen werden den ausscheidenden Verkehrsminister sicher nicht mehr treffen. Aber die zur Wahl stehenden Parteien werden die wachsenden Qualitäts- und Preisprobleme der deutschen Eisenbahnen aus unterlassener Neuorganisation schnell bedrängen.“
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