Die vierte überregional bedeutsame Großstörung im deutschen Eisenbahnnetz binnen zwölf Monaten darf nicht folgenlos bleiben.
Auf geschätzt einem Viertel der Landesfläche war und ist der Zugverkehr komplett eingestellt. Das betrifft nicht nur Abertausende von Zugreisenden. Auch geschätzt über 1000 Güterzugfahrten fallen in diesen Tagen schlicht aus, so dass Häfen und Industriestandorte nicht ver- und entsorgt werden können. Der nach und nach wieder anlaufende Betrieb wird noch tagelang Chaos für alle Nutzer der Schiene nach sich ziehen. Die Bahnunternehmen bleiben auf ihren Schäden sitzen. Die funktionsuntüchtige Infrastruktur produziert gewaltige volkswirtschaftliche Kollateralschäden vor allem bei den Verladern.
Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) e.V. warnte vor einer Politik des Wegschauens: „Zuerst müssen wir all jenen danken, die sich in diesen Stunden und Tagen aufräumen und Schäden beheben!“ Zugleich sei aber bereits jetzt klar, dass die Strukturen des Netzbetreibers DB bei der Wiederherstellung der Befahrbarkeit und der Kommunikation zu seinen Kunden, den Eisenbahnverkehrsunternehmen, erneut überfordert seien. Kerkeling: „Dass im Quartalsrhythmus das Land lahmgelegt wird, ist weder akzeptabel noch unabänderlich! Die Gewöhnung an den Ausnahmezustand ist keine Option! Wenn DB Netz selbst nicht in der Lage ist, ein funktionierendes Krisenmanagement zu organisieren, müssen Politik und die Eisenbahnbehörden Prozesse, Ressourcen und die Technik untersuchen. Es muss geklärt werden, ob es genug Personal gibt, ob die regelmäßige Vegetationskontrolle ausreichend vorgesorgt hat, wie die Kommunikation bei DB Netz intern und zu den Kunden organisiert ist.“
Die Verfügbarkeit der Schieneninfrastruktur, so Kerkeling, nehme mittlerweile mit beängstigender Geschwindigkeit nicht nur im Alltag, sondern vor allem in gefühlten Ausnahmesituationen ab. Der Betrieb der Eisenbahn werde immer häufiger komplett vom überforderten Betreiber DB Netz eingestellt, während gleichzeitig Expertenzirkel folgenlos räsonierten, wie die „Resilienz“ (Widerstandsfähigkeit) kritischer Infrastrukturen angesichts des voran schreitenden Klimawandels gestärkt werden könne. Kerkeling warnte zugleich vor reinem Aktionismus und der Bagatellisierung hinsichtlich der langfristigen Perspektiven: „Die Prognosen, dass es mehr und heftigere Stürme durch die menschengemachte Klimaerwärmung gibt, sind seit langem bekannt. Wir müssen neben dem Krisenmanagement auch die Schiene als klimafreundliches Verkehrsmittel insgesamt massiv stärken, damit es langfristig nicht immer noch schlimmer wird.“
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