Art. 87 e regelt eine grundgesetzliche Verpflichtung des Bundes für seine Schieneninfrastruktur. Genauer: Der Bund muss gewährleisten, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes entsprochen wird. Eine zentrale Frage lautet in diesem Zusammenhang, ob Infrastrukturen von ihren Nutzer:innen (auch) selbst finanziert werden müssen. Beim Straßenverkehr hat man sich hier scheinbar unerschütterlich festgelegt, dass vor allem Steuermittel die Infrastruktur finanzieren. Bei der Schiene ist es jedoch anders. Das ist nicht nur inkonsequent, sondern angesichts der verkehrs- und klimapolitischen Ziele sogar kontraproduktiv und schadhaft. Ein Drama in drei Akten:
Die DB möchte mit dem Verkauf von DB Schenker Schulden abbauen, doch es gibt bessere Alternativen: Die Haushaltspolitiker:innen der Ampel wollen mindestens die Hälfte des Geldes für Schienen-Infrastrukturprojekte nutzen. „Wir unterstützen die Haushälter:innen, aus unserer Sicht müsste das Geld sogar vollständig in die Infrastruktur fließen. Das wäre folgerichtig: Die DB hat sich das Geld für den Schenker-Kauf vom Mund (also den Instandhaltungsaufgaben im Schienennetz) abgespart und somit letztlich von den nutzenden Eisenbahnverkehrsunternehmen geholt. In die marode Schieneninfrastruktur muss das Geld jetzt auch zurückfließen“, sagt Neele Wesseln, Geschäftsführerin der GÜTERBAHNEN. „Abbau von Schulden bei der DB hat historisch nur einen Gedankengang beim Vorstand ausgelöst: Mehr Platz für neue Schulden!“
Während sich Autofahrer:innen gern als „Melkkuh der Nation“ gerieren, sieht die Wahrheit sehr viel anders aus: Die Straßeninfrastruktur wird fast ausschließlich aus Steuermitteln finanziert. Der darauf stattfindende Verkehr verursacht damit jährlich rund 140 Milliarden externe Kosten, die die Nutzer:innen nicht selbst tragen. Einzige Ausnahme bildet der Lkw-Verkehr, der sich durch eine Maut an den Kosten beteiligt. Diese Maut wird allerdings nur auf sechs Prozent der Straßen erhoben, während Eisenbahnverkehrsunternehmen über die Trassenpreise die komplette Instandhaltung des Schienennetzes allein stemmen. Wesseln: „Das ist eine Ungleichbehandlung, die schon unabhängig von Klimaschutzzielen nicht nachvollziehbar ist. Nimmt man politische Ziele in den Blick, mehr Personen und Güter auf die Schiene bringen zu wollen, verlässt die Logik vollends den Raum.“
Dass nun erneut über die Höhe des 49-Euro-Tickets als passendste Geldquelle für den Verkehrshaushalt diskutiert wird, ist für Wesseln bezeichnend: „Allein über dieses Ticket zu reden und sonst nichts zu ändern, ist keine Verkehrs- und Infrastrukturpolitik, sondern das offensichtliche Zeichen, dass man kein Konzept hat.“ Infrastrukturpolitik muss verlässlich sein. DIE GÜTERBAHNEN fordern daher, die Ausarbeitungen der Beschleunigungskommission Schiene ernst zu nehmen und beispielsweise einen Infrastrukturfond nach Schweizer Vorbild zu implementieren. „Wenn zusätzliche Mittel für den notwendigen Ausbau des Nahverkehrs angeblich knapp sind, stellt sich die Frage, warum man sich andererseits unhinterfragt leistet, keinen Nutzerbeitrag beim Straßenverkehr zu verlangen“, so Wesseln.
Dass fehlende Milliarden immer zuerst bei der Schiene gesucht werden, zeigt die Vielzahl der klimaschädlichen Subventionen, deren Potenzial DIE GÜTERBAHNEN bereits im vergangenen Jahr berechnen haben lassen (siehe hier). Hierzu zählt die Dienstwagenbesteuerung, eine fehlende Kerosinsteuer im Flugverkehr und das Dieselsteuerprivileg ebenso wie die Maut-Befreiung von E-Lkw und auf allen Landes- und Kommunalstraßen. „Wir haben im Verkehrsbereich kein Finanzierungsproblem, sondern ein Prioritätsproblem. Wir warten seit Antritt dieser Regierung auf ein schlüssiges Konzept im Verkehrsbereich. Was wir bekommen haben, sind Versatzstücke, die die umfassenden Ausarbeitungen der Beschleunigungskommission Schiene zu oft ignorieren“, fasst Wesseln zusammen.
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