Gemeinsam mit mofair e.V. hat das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen am 25. Oktober 2021 den "7. Wettbewerber-Report Eisenbahnen 2021/22" vorgestellt. Hier finden Sie alle Materialien und den Link zum aufgezeichneten Livestream.
Berlin, 26. Oktober 2021
Nicht nur die Anordnung der Tischreihen, sondern auch einige Reaktionen der Teilnehmer:innen auf den einen oder anderen Podiumsbeitrag erinnerte am Montagabend in der "Wartehalle Berlin" an rheinische Kultveranstaltungen. Die Stimmung war bei dieser "physischen" Veranstaltung mit 150 Teilnehmern im historischen Ensemble am Rand des früheren Stettiner Bahnhofs und im Schatten vieler DB-Gebäude jedenfalls aufgekratzt. Dabei ging es nur um den neuesten siebten "Wettbewerber-Report Eisenbahnen 2021/22", den mofair und NEE an diesem Abend dem politischen Berlin vorstellten. Ob es um das Verhältnis Straße/Schiene oder um DB/Wettbewerber geht - welchen Stellenwert Wettbewerb in Europa und Deutschland haben soll und wie die Politik die klimafreundliche Schiene voranbringen kann, emotionalisierte erkennbar. Beifall brandete beispielsweise ganz zum Schluss noch einmal für die pointierte Antwort von FDP-Verkehrspolitiker Dr. Christian Jung auf, der zur Frage von Moderatorin Hanna Gersmann zum erwarteten Stand der Wettbewerber 2030 bündig sagte: "Wenn die so weitermachen, wird es DB Cargo dann nicht mehr geben." Jung spielte auf die Marktentwicklung an, die von den Chefs von der beiden Bahnverbände zuvor dargestellt worden war - auf knapp 57 (Güterverkehr) bzw. gut 40 Prozent (Schienenpersonennahverkehr) steigerten die Wettbewerber ihre Marktanteile - und legten ihre Vorstellungen und Forderungen zur Stärkung der Schiene in der Ampel-Koalition vor. Die "Staatsbahnen", so hatte bereits Nick Brooks, Generalsekretär von ALLRAIL, zusammen mit seinem Pendant, Dr. Dirk Stahl von der europäischen Vertretung der Güterbahnenbranche (ERFA) dargelegt, genießen dort wenig Vertrauen: Infrastruktur, Vertrieb, Beweglichkeit sind die Stichworte. Auf dem Podium der Berliner Parteien sprachen sich Susanne Menge für die Grünen und Thomas Lutze für die LINKE sehr klar für Priorität für die Schiene aus, während Rüdiger Kruse für die Union noch einmal darauf hinwies, dass die alte Koalition viel zusätzliches Geld bereitgestellt habe und nun etwa die Grünen bei beschleunigten Planungen ihre Klientel zur Unterstützung bringen müssten. Deutliche Unterschiede wurden beim Thema "Bahnreform" erkennbar. Während Menge und Jung für zwei der drei wahrscheinlichen Koalitionspartner die Trennung von Netz und Betrieb bei der DB wie zuvor schon mofair-Chef Dr. Tobias Heinemann befürworteten, sah Finanzstaatssekretär und SPD-Mitglied Dr. Werner Gatzer zwar durchaus Potenzial für eine bessere Steuerung des DB-Konzerns. Strukturelle Änderungen lehnte er jedoch unter anderem mit dem Hinweis ab, dann würde in der Zwischenzeit überhaupt kein Geld für den Ausbau der Infrastruktur mehr umgegraben. Kruse sekundierte mit dem Beispiel der Reform der Wasserstraßenverwaltung, die man auf Betreiben der FDP nach 2009 begonnen und die zu langjährigem Stillstand geführt habe. Jung wehrte sich mit dem Hinweis, kleine Verbesserungen machten ohne eine langfristige Visionen keinen Sinn. So ging es eine Weile in strategischen Fragen hin und her auf dem Podium. Schweres Raunen im Saal erzeugte dabei schließlich Gatzers Bemerkung, dass Geld, das in den (DB-)Tower fließt, auch in die Schiene fließe. Diese Einschätzung wollte auch NEE-Chef Ludolf Kerkeling definitiv nicht teilen und forderte eine kundenorientierte Neuaufstellung der DB-Infrastrukturbetreiber. Wegen zwischenzeitlichem Schwergang angesichts der schweren Belastungen der Branche durch die schlechte Performance der Schieneninfrastruktur ("Problem Nr. 1") gar nichts zu tun, sei die allerschlechteste Variante.
Fotografin: Heidi Scherm
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