Die Zeit ist reif, die Eisenbahn endlich durch Anreize für klimafreundlichen Transport und die Bepreisung umweltschädlichen Verhaltens im intermodalen Wettbewerb zu stärken. Das ergab eine vom Institut Kantar durchgeführte repräsentative Umfrage, in der die Güterbahnen feststellen ließen, welche Maßnahmen am geeignetsten für eine Verkehrsverlagerung angesehen werden und wer die Umstellung klimaschädlicher auf alternative Lkw-Antriebe, die im Sinne einer integrierten Verkehrsstrategie eingesetzt werden, bezahlen soll.
Berlin, 23. September 2021
Morgen ruft Fridays For Future wieder zum globalen Klimastreik auf – nur zwei Tage vor der richtungsweisenden Bundestagswahl. Die Verlagerung auf die Schiene ist gelebter Klimaschutz, daher ließ das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) in einer repräsentativen Umfrage ermitteln, welche Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung die größte Unterstützung der Bevölkerung genießen. Bei den 1.017 Befragten zeigt sich, dass in den vergangenen Jahren die Frage nach einer höheren Abgabe für klimaschädliche Treibstoffe an Fahrt gewonnen hat. Vor fünf Jahren stimmten lediglich 29 % einer höheren Bepreisung von Lkw-Treibstoffen entsprechend ihres CO2-Ausstoßes zu, in diesem Jahr waren es bereits 53 %. Mit Abstand die höchste Zustimmung (73 %) erzielt eine zeitlich befristete finanzielle Unterstützung für Unternehmen, die ihre Sendungen auf der klimafreundlichen Schiene statt der Straße transportieren. „Wir können daraus schließen, dass die Menschen sehr deutlich verstanden haben, dass es eine Veränderung braucht, sie aber Maßnahmen gegenüber skeptischer sind, die ihr eigenes Portemonnaie betreffen“, kommentiert Peter Westenberger, Geschäftsführer des NEE. „Wir können nicht darauf verzichten, den Lkw-Verkehr entsprechend seiner tatsächlichen Kosten zu bepreisen, gerade im Hinblick auf die Klimaschäden, die er verursacht. Das wissen die Menschen inzwischen, auch wenn das Thema kaum Niederschlag im Wahlkampf fand. Es ist Zeit, die Subventionierung des Diesel-Lkws, die aktuell rund 4,1 Mrd. Euro jährlich beträgt, abzubauen und fairen Wettbewerb mit fairen Preisen durchzusetzen. Der Umweltvorteil der Schiene muss sich endlich im Preis widerspiegeln.“
Noch immer ist der Preis das ausschlaggebende Kriterium bei der Verkehrsmittelwahl im Güterverkehr. Klimafreundlicher Transport muss sich für Unternehmen lohnen, daher braucht es fairen Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern, der sich auch auf die Preisgestaltung auswirkt und Klimaschädlichkeit bestraft. Das schließt die Frage ein, wer die von der Bundesregierung angestrebte Umrüstung der Lkw-Flotte auf alternative Antriebe bezahlen soll. Auch hier gibt es eine klare Haltung der Bevölkerung, die die Kosten dafür eher bei der Lkw-Branche selbst sehen, statt sie mit allgemeinen Steuermitteln zu bezahlen. „Die Lkw-Branche hat seit jeher davon profitiert, dass klimaschädliches Verhalten nicht bepreist wurde. Für den Systemwechsel darf nicht die gesamte Bevölkerung in Haftung genommen werden, sondern die Straßenspeditionen, die die Alarmglocken jahrelang verschlafen haben“, erklärt Westenberger.
Hinzu kommt, dass eine Komplettsubventionierung für alle derzeit existierenden Lkw mit umweltfreundlichen Antrieben weder leistbar noch sinnvoll ist. Das am 06. September 2021 veröffentlichte Gutachten des Bürgerrats Klima fordert explizit den Ausbau des Schienengüterverkehrs und die Reduzierung des Lkw-Fernverkehrs. Dieser Weg wird auch vom Großteil der Befragten unterstützt (siehe hier). „Ziel muss sein, dass Transportwege von mehr als 250 Kilometern mit dem Lkw in wenigen Jahren eine Rarität sind. Wir brauchen dringend eine integrierte Verkehrsstrategie, die die Verkehrsmittel miteinander verzahnt und so für alle eine spürbare Entlastung erreicht. Vor- und Nachlauf können mit dem Lkw transportiert werden, die sinnvollerweise mit alternativem Antrieb ausgestattet sind, wofür jedoch nicht die Steuerzahlenden aufkommen sollten. Der Hauptlauf gehört der Schiene, die das Rückgrat des Güterverkehrs bildet. Dazu muss die neue Bundesregierung der Schiene endlich Priorität geben.
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