In gut zehn Jahren muss der jährliche Treibhausgasausstoß im Verkehr um 40 Prozent niedriger sein als heute, noch einmal zwanzig Jahre weiter praktisch bei Null liegen. Ohne deutlich mehr Schienenverkehr sind diese Ziele nach Auffassung des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) völlig unerreichbar.
NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger sagte vor den regierungsinternen Gesprächen zum Klimaschutzkonzept in Berlin: „Wenn wir die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen durch mehr Schienenverkehr senken wollen, sprechen wir über ein Projekt in der Dimension der „Apollo“-Mondexpedition. Den gleichen Klimaeffekt nur mit Lkw und neuen Antrieben erreichen zu wollen, gleicht dagegen einer Expedition zum Saturn.“
Grundstürzend neue Technologien für den Gütertransport seien nicht in Sicht. Die Koalition werde sich wegen der lange verschleppten Entscheidungen daher darauf konzentrieren müssen, so schnell wie möglich den Treibhausgas-Ausstoß drastisch mit verfügbaren Technologien zu senken. Dementsprechend müsse der Energieverbrauch gesenkt werden und der Einsatz erneuerbarer Energien für den Antrieb von Landfahrzeugen sowie Schiffen und Flugzeugen zum Regelfall werden.
Den aktuellen Diskussionsstand bewertet NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger verhalten positiv. „Die Koalitionsparteien bezeichnen den Schienenverkehr als wichtiges Instrument. Insbesondere der Beschluss des CDU-Parteivorstands geht über bekannte Lippenbekenntnisse hinaus, wenn etwa aus dem Mautaufkommen nicht nur Straßen, sondern auch der Ausbau der Schiene und des öffentlichen Personennahverkehrs finanziert werden und die Steuern und Nutzerabgaben umgestaltet werden sollen.“
Nun müsse die Regierung konkrete und wirksame Maßnahmen auf den Weg bringen, um eine messbare und kontinuierliche Dynamik in Gang zu setzen. Im Güterverkehr erfolge die Verkehrsmittelwahl zwar rationaler als im Personenverkehr, eine Umstellung logistischer Prozesse benötige aber dennoch Zeit, attraktive Alternativen und verlässliche Rahmenbedingungen.
Erster Schritt müsse nun der Abbau von verzerrenden Regelungen sein. So sei die Stromerzeugung für den Schienenverkehr anders als bei allen anderen Verkehrsmitteln - schon seit 2005 - vom Emissionshandel erfasst. Ein Teil der Lkw-Maut fließe als Zuschuss an die Spediteure zurück, während umgekehrt die Schienenmaut für den Gewinn der DB Netz AG und Einsparungen im Bundeshaushalt sorge. Die Schienenmaut gelte für jeden Meter, die Lkw-Maut nur auf sechs Prozent des Straßennetzes und nicht für leichte Lkw.
In einem zweiten Schritt müssten zeitgleich die Infrastruktur für mehr Schiene viel schneller ausgebaut und die technologische Modernisierung des lange vernachlässigten Schienenverkehrs fokussiert gefördert und begleitet werden. Zeitgleiche milliardenschwere Straßenbau-Programme gäben dagegen ein falsches Signal. Um das Know-how für ein solches Vorgehen zu erwerben, sei es für die Regierung ratsam, über die Landesgrenzen zu blicken. So sei die Schweiz mit ihrem „FABI“-Fonds ein Modell an Verlässlichkeit bei langfristig angelegten aufwändigen Infrastrukturinvestitionen.
Schließlich müssten im dritten und wichtigsten Schritt die staatlich gesetzten Koordinaten – vom Ordnungsrecht über den Subventionsabbau bis hin zur Fördermaßnahmen – der verladenden Wirtschaft und den Transportunternehmen signalisieren, dass es die Regierung ernst meint mit der Verkehrsverlagerung.
Westenberger betonte, dass die Regierung den CO2-Ausstoß im Verkehr durch Grenzwerte, aber zugleich auch durch eine Spreizung bei den Abgaben drücken müsse. Ein CO2-Preis auf dem Niveau des jetzigen Emissionshandels sei keine ernsthafte Option, denn eine Dieselpreissteigerung um 8 oder 9 Cent je Liter sei kein ausreichender Anreiz. Besser sei ein sehr klares Preissignal, das mit der teilweise direkten Rückgabe an die Betroffenen und einer teils indirekten Rückgabe durch den Ausbau von Transportalternativen verbunden werde.
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