Ab dem 15. Juli wird die Riedbahn, die Bahnstrecke zwischen Frankfurt und Mannheim, planmäßig für fünf Monate voll gesperrt – mit weitreichenden Auswirkungen auf Fahrgäste und Kunden, auch des Güterverkehrs. 40 weitere Korridore sollen bis 2030 folgen. DIE GÜTERBAHNEN analysieren die Situation und bewerten die Perspektiven der von DB und Bund so genannten „Generalsanierung“. Die bisherige Unterstützung des Konzepts könnte enden.
Das Fazit der GÜTERBAHNEN für die bisher bekannten Pläne zur Sanierung der hoch ausgelasteten Strecken fällt durchwachsen aus. Bis 2026 können sie nur für drei von acht Korridoren attestieren, dass Sperrung und Umleitungen den Betrieb nicht übermäßig behindern. Einige der für mehrere Monate geplanten Vollsperrungen haben es aber in sich. Umleitungen von bis zu 320 Kilometern für bis zu 80 Züge am Tag lassen die Betriebskosten der Güterbahnen explodieren. „Da Bund und Länder keine Kompensationszahlungen für den Güterverkehr bewilligen wollten, wollen wir das Thema an die nächste Bundesregierung herantragen und die DB zu umso stärkeren Anstrengungen aufrufen, die Umleiter kurz zu halten. Die Mehrkosten müssen sich in Grenzen halten“, mahnt Peter Westenberger, Geschäftsführer der GÜTERBAHNEN.
Die Rechnung ist denkbar einfach: Je länger der Umleiter, desto höher die Kosten und desto wahrscheinlicher, dass die Unternehmen den Zuschlag gegen eine Lkw-Spedition verlieren. Güterbahnen werden ohne Kompensationen auf den gesperrten Korridoren preislich und in puncto Verlässlichkeit deutliche Nachteile gegenüber dem Lkw haben. „Unternehmen müssten das Angebot reduzieren, wenn die Kunden nötige Preiserhöhungen aufgrund von langen Umleiterstrecken zusätzlich zu den erwarteten Trassenpreissteigerungen nicht akzeptieren. ‚Güter zurück auf der Straße!‘ scheint die Devise der Bundespolitik“, so Westenberger, der angesichts aktueller Rücktrittsforderungen gegen DB-Vorstände von “erheblicher Unkenntnis in der Spitzenpolitik über die gesetzlichen Bedingungen im Eisenbahnmarkt” spricht.
Daneben gibt es weitere Probleme: Momentan hängt die DB die anfangs so hoch gehängte Messlatte mit jeder neuen Ankündigung weiter nach unten“, so Peter Westenberger. Erst neun von 41 Konzepten sind bekannt, nur eines ist überhaupt für die Zeit ab 2027 bereits vorgelegt worden. Ein immer gleiches Vorgehen, auch in der Kommunikation mit betroffenen Stakeholdern (wie beim Korridor Obertraubling – Passau geschehen) führen bei einigen Korridoren zu realitätsfernen Sperr- und Umleiterkonzepten. Die Umleiterstrecken können das Mehr an Güterzügen schlicht gar nicht aufnehmen oder sind zu lang, um wirtschaftlich befahren werden zu können.
Das Versprechen, in nur fünf Monaten Sperrzeit möglichst viele Maßnahmen umzusetzen, löst sich zudem langsam in Luft auf: auf vier Korridoren wurde bereits ausgerufen, dass die Sperrdauer von fünf Monaten nicht eingehalten wird. Bereits jetzt hat die DB InfraGO bekanntgegeben, dass das geplante Bauvolumina des Korridors Hamburg – Berlin nur in zehn Monate umsetzbar ist. Bis zu 195 Kilometer Umweg bedeutet das für den Güterverkehr. Zusammengerechnet verzögern sich schon jetzt alle Strecken um 18 Monate.
Nichtsdestotrotz werden angekündigte Maßnahmen aber nicht umgesetzt. Dass die Donaukorridore nicht mit kapazitätssteigernden 740-Meter-Überholgleisen ausgestattet werden, ist absolut unverständlich, immerhin soll diese Strecke später selbst als Umleitungsstrecke fungieren. Damit werden auch europäischen Standards nicht umgesetzt. Weitere Ankündigungen werden zurückgestellt, wie das Beseitigen von höhengleichen Bahnübergängen, da in vielen Fällen das Planrecht fehlt. Dadurch steht auch die versprochene Baufreiheit auf den Korridoren von fünf bis zehn Jahren nach Abschluss der jeweiligen Sanierung in Frage. Erwartbare Kostensteigerungen wie bei der Riedbahn und nach wie vor ungeklärte Finanzierungslücken durch das KTF-Urteil runden das Bild ab.
„Wir werden das Gefühl immerwährenden Chaos und Kommunikationsproblemen nicht los und das geht bei einem solchen Großprojekt gar nicht. Unser Vertrauen schwindet mit jeder Korrektur – irgendwann ist es unsere Unterstützung für das Projekt Korridorsanierungen insgesamt.“
Unsere ausführliche Einordnung des Themas mit zeitlichem Verlauf und grafischer Aufarbeitung finden Sie auf unserem Rechercheblog DB-Watch.
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