Die Amtseinführung der neuen Leitung des Bundesverkehrsministeriums nach der nächsten Bundestagswahl könnte überschattet werden durch eine üble Erbschaft der Ampelkoalition: der Beginn einer Kette extremer Trassenpreissteigerungen für den Schienengüter- und Schienenpersonenfernverkehr, mit der die Transportwende vollends ausgebremst wird. Ohne Änderung der gesetzlichen Regelung dürften die Trassenpreise im Schienengüterverkehr Ende 2025 auf einen Schlag um etwa 50 Prozent ansteigen.
Quelle sind Antragsunterlagen der Infrastrukturtochter der Deutschen Bahn, die bei der Bundesnetzagentur zur Genehmigung eingereicht wurden. Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender der GÜTERBAHNEN, kommentiert: „Diese Steigerung ist durch nichts zu rechtfertigen. Sie würde das Aus bedeuten für den Schienengüterverkehr, wie wir ihn kennen. Der Preis ist der wichtigste Grund für die verladende Wirtschaft, auf der Schiene statt auf der Straße zu transportieren. Die Ampel hat das 2016 zuletzt überarbeitete Trassenpreissystem trotz bekannter Schwächen unangetastet gelassen. Mit der Teilumstellung der DB-Finanzierung stellt sie nun den Zünder einer kommerziellen Zeitbombe auf das am 14. Dezember 2025 beginnende Fahrplanjahr 2026. Wir fordern, dass die Regierung noch in diesem Frühjahr per Gesetz die Entschärfung vornimmt.“
Die von allen Eisenbahnverkehrsunternehmen erhobenen Entgelte für die Nutzung der Schienenwege („Trassenpreise“) sollen insgesamt die laufenden Kosten des Eisenbahnnetzbetriebes decken. Eine deutsche Spezialität ist es, dass darüber hinaus ein angemessener und am eingesetzten Kapital der DB InfraGO orientierter Gewinn in die Preise eingehen darf. Die Höhe der Entgelte muss von der Bundesnetzagentur jährlich vorab genehmigt werden. Die DB InfraGO hat der Bundesnetzagentur in der vergangenen Woche die so genannte „Obergrenze“ ihrer Gesamtkosten inklusive Gewinn für das am 14. Dezember 2025 beginnende übernächste Fahrplanjahr zur Genehmigung vorgelegt. Dabei wurde bekannt, dass neben inflationsbedingten Steigerungen vor allem die quasi garantierte Jahresgewinnoption um mehr als das Doppelte gegenüber dem kommenden Fahrplanjahr 2025 steigen soll – und das, obwohl sie schon im kommenden Jahr trotz schlechter werdender Leistung ansteigen wird. Für das Fahrplanjahr 2026 beantragt die DB InfraGO AG einen möglichen Gewinn von 1,4 Milliarden Euro bei 6,8 Milliarden Euro Netzbetriebskosten. Möglich wird diese Schieflage, weil der Bund seine Infrastrukturfinanzierung bei der Schiene immer stärker auf Eigenkapitalerhöhungen statt Baukostenzuschüsse umstellen und in den kommenden vier Jahren noch einmal 20 Milliarden mehr Eigenkapital für das Schienennetz bereitstellen will.
Kerkeling: „Das ist zunächst nicht zu bemängeln, im Gegenteil, das Geld wird dringend für das zu kleine und kaputte Schienennetz gebraucht. Allerdings muss der Bund den Automatismus unterbrechen, dass infolge einer höheren Kapitalausstattung der DB die Trassenpreise steigen, obwohl Qualität und Kapazität des Schienennetzes sogar abnehmen.“ Zuletzt hatte der Bund zugleich auch noch die seit 2018 gewährte Trassenpreisförderung gekürzt. Die wirtschaftliche Position der Güterbahnen hat sich so trotz der seit Kurzem geltenden deutlichen Lkw-Maut-Erhöhung im Wettbewerb verschlechtert. „Der Bund muss jetzt Farbe bekennen. Wenn die Politik wie angekündigt wieder mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen will, muss sie sofort minimalinvasiv im Eisenbahnregulierungsgesetz die Kopplung von Eigenkapitalhöhe und Gewinnanteil im Trassenpreis kappen. Kurzfristig für 2025 muss der Bund durch ein Wiederaufstocken der Trassenpreisförderung von aktuell 229 auf die üblichen 350 Millionen Euro helfen, damit die bereits genehmigte Trassenpreissteigerung kompensiert werden kann. Jede weitere Maßnahme muss beinhalten, das Trassenpreissystem als solches zu verändern – sei es durch eine gesetzliche Festlegung der Preise ähnlich wie beim Lkw oder ein ganz neues Berechnungssystem für die Trassenpreise“, so Kerkeling.
Welche Kosten für Güterbahn-Unternehmen tatsächlich für ihre Züge anfallen, ergibt sich seit Mitte 2018 aus den genehmigten Trassenpreisen der DB Netz/InfraGO AG abzüglich der jewei-ligen Trassenpreisförderung, die seitdem teils mehrfach pro Jahr angepasst wurde. Für 2026 sind entsprechend der letzten bekannten Mittelfristplanung der Bundesregierung Trassenpreis-fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro berücksichtigt.
Die sich abzeichnende Erhöhung würde sich einreihen in eine Kette zuletzt exponentiell ansteigender Preissteigerungen für die Nutzung des Schienennetzes durch eigenwirtschaftlich arbeitende Güterbahn-Unternehmen. Kerkeling: „Wichtig ist, dass nicht in erster Linie die DB InfraGO, sondern der Bund der Verursacher ist und zugleich die gesetzlichen Grundlagen des Trassenpreissystems nicht anpasst, obwohl die Schieneninfrastruktur seit Beginn des Jahres gemeinwohlorientiert betrieben werden soll. Seit fünf Jahren weisen wir darauf hin, dass jede zusätzliche Milliarde die Trassenpreis-Schraube bei den Güterbahn-Unternehmen enger anlegt. Die geplanten Eigenkapitalerhöhungen bei der DB machen die DB InfraGO endgültig zur Cashcow im Konzern.“
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