Die Trassenpreise für den eigenwirtschaftlichen Schienenverkehr drohen weiter rasant zu steigen: Nach einer Erhöhung um 16,2 (Güterverkehr) bzw. 17,7 Prozent (Personenfernverkehr) im Dezember 2024 droht Ende 2025 ein weiterer Anstieg um über 35 Prozent. Ursache ist der Gewinnanspruch der „gemeinwohlorientierten“ DB InfraGO, die über eine Milliarde Euro aus einer maroden Infrastruktur erwirtschaften muss – zulasten der Eisenbahnverkehrsunternehmen und der gesamten Gesellschaft.
Die angeblich gemeinwohlorientierte DB InfraGO AG kämpft derzeit erbarmungslos um ihren Gewinnanspruch im Jahr 2026 – der Höhe der Rendite, die sie mit den Trassenpreisen erwirtschaften darf. Die Bundesnetzagentur versuchte im November den beantragten Gewinnanspruch, der durch eine Eigenkapitalzuführung in die Höhe schoss, und den dadurch verursachten Anstieg der Trassenpreise, zu mindern. Doch die DB InfraGO klagte und war vor dem VG Köln im Eilverfahren erfolgreich. Über die renommierte Anwaltskanzlei Freshfields drohte sie jüngst der Bundesnetzagentur “kurzfristig” mit “Vollstreckungsmaßnahmen”, wenn der Gewinnanspruch nicht sofort (bis heute, 19. Februar) in voller Höhe genehmigt würde.
„An der InfraGO ist weiterhin nichts gemeinwohlorientiert. Wir können es nicht oft genug betonen: Es reicht nicht, das Gemeinwohl in den Namen zu schreiben, insbesondere, wenn weiter an Gewinnzielen festgehalten wird. Eine AG ist eine AG ist eine AG – und die muss Gewinn machen“, kritisiert Neele Wesseln, Geschäftsführerin der GÜTERBAHNEN. „Die kommende Regierung muss sich sofort nach Vereidigung an die Arbeit für ein neues Trassenpreissystem machen.“
Matthias Stoffregen, mofair-Geschäftsführer, ergänzt: “Besonders irritierend finden wir, dass Vertreter der DB und der InFrago weiter in aller Öffentlichkeit die Errungenschaften der Gemeinwohlorientierung preisen und behaupten, der Gewinnanspruch sei abgesenkt worden. Aber gleichzeitig schickt die InFrago einen sehr teuren Rechtsanwalt los – und droht mit Konsequenzen. Damit düpiert die InFrago nicht nur die oberste Bundesbehörde Bundesnetzagentur, sondern die gesamte Branche und sogar den eigenen Eigentümer. Das Bundesverkehrsministerium hatte in Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium gegenüber der Bundesnetzagentur eine Senkung des Verzinsungsanspruchs bekannt gegeben. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die DB ein unkontrollierbarer Staat im Staate ist: Hier ist er.“
Mit öffentlicher Schieneninfrastruktur Gewinne zu erwirtschaften, ist europaweit unüblich. Beim Betrieb eines Schienennetzes, als Teil der öffentlichen Grundversorgung, sollte langfristige Stabilität und Servicequalität im Vordergrund stehen, anstatt hohe Gewinne zu erwirtschaften. Stattdessen führt der steigende Gewinnanspruch der DB InFrago zu steigenden Kosten für die Eisenbahnen, die an Kunden im Güterverkehr und Fahrgäste weitergegeben werden müssen.
Rechtliche Unsicherheiten über den Gewinnanspruch, die Kostenverteilung und der fehlende Haushaltsabschluss verzögern die Entscheidung bei der Bundesnetzagentur über die Trassenpreise 2026 voraussichtlich bis in den späten Herbst 2025. Damit erfahren die EVU und ihre Kunden erst wenige Wochen vor dem Fahrplanwechsel, mit welchen Kosten sie rechnen müssen – ein untragbarer Zustand, der die ohnehin schon frustrierten Kunden aus der verladenden Wirtschaft auf die Straße zwingt. Die neue Bundesregierung hätte bei Amtsantritt gerade genug Zeit, mit der Einführung eines neuen gemeinwohlorientierten Trassenpreissystems diese Unsicherheit zu beenden und zugleich den Trassenpreiskollaps zu verhindern.