Am Donnerstag dieser Woche debattiert der Bundestag über den Einzelplan 12 (Verkehr und digitale Infrastruktur) des Bundeshaushalts für das Jahr 2021. Die Investitionen des Bundes in die Schiene sollen demnach um 0,9 Milliarden Euro ansteigen im Vergleich zu diesem Jahr. Die Analyse zeigt, dass der Ersatz abgängiger Infrastrukturbestandteile weiterhin im Vordergrund steht.
Berlin, 8. Dezember 2020
Für eine Verkehrswende reichen die „Trippelschritte“ des Bundes in der Schienenfinanzierung nach Einschätzung des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) nicht aus. Hubertus Wester-Ebbinghaus, Finanzierungsexperte des Güterbahnen-Verbandes sagte dazu in Berlin: „Der Ausbau und die technologische Modernisierung des Schienenverkehrs spielt auch im Haushalt 2021 leider nur eine untergeordnete Rolle.“
Der zukunftsweisende Zubau neuer Schienenstrecken wird um lediglich vier Prozent oder 60 Millionen Euro aufgestockt. Die Schienenverbände hatten schon 2019 gefordert, für diese dringend erforderlichen Kapazitätserweiterungen der Schiene jährlich mindestens 3,0 Mrd. Euro, statt wie bisher nur rund 1,6 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Wester-Ebbinghaus: „Ohne Neubau an Engpässen gibt es keine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene.“
Von den auf insgesamt 8,5 Milliarden Euro ansteigenden investiven Ausgaben des Bundes fließen erneut gut
4,6 Milliarden Euro (54 %) in den unumgänglichen Ersatz von Gleisen, Brücken oder Tunneln, damit Personen-, wie Güterverkehre im Kern wenigstens wie bisher weiter rollen können. Wester-Ebbinghaus: „Ähnlich verhält es sich mit den erfreulicherweise um 500 Millionen Euro aufgestockten Mitteln für die Europäische Leit- und Sicherungstechnik ERTMS, von denen der größte Teil für den Ersatz alter Stellwerke vorgesehen ist. Technischer Zustand, Personalmangel, europäisches Recht sowie hohe Betriebskosten lassen dem Bund als dem Verantwortlichen für das Schienennetz aber auch überhaupt keine andere Wahl, als endlich den Vorwärtsgang einzulegen.“
Dabei mangelte es nicht an guten Vorschlägen. So schlug die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Verkehrshaushalt unter anderem vor, unter dem Stichwort „Verkehrswende“ 1,5 Milliarden Euro Investitionsmittel von der Straße für den Neu- und Ausbau des Schienennetzes umzuschichten.
Auch das vom NEE bereits Ende April vorgeschlagene Investitionsprogramm für einen nachhaltigen Gütertransport in und nach der COVID-19-Pandemie, in dem unter anderem eine Abwrackprämie für nicht kranbare Sattelauflieger vorgeschlagen wurde, blieb leider weitestgehend unberücksichtigt.
Grundsätzlich positiv beurteilen die Güterbahnen-Vertreter die erstmals vorgesehenen 1,125 Mrd. Euro zur Ertüchtigung vorhandener Strecken und Bahnhöfe, die bereits vom Klimakabinett im September 2019 angekündigt worden waren. Bisher haben allerdings Bund und DB, so Wester-Ebbinghaus, ihren Weg über eine sogenannte Eigenkapitalerhöhung nicht nachvollziehbar dargelegt, so dass weiter Zweifel an der Wettbewerbsneutralität und an der Umsetzbarkeit bestehen. Die EU-Kommission hat schon für diese Eigenkapitalerhöhung bisher keine Freigabe erteilt. Gleiches gilt für die ins Jahr 2021 transferierte „Corona“-Eigenkapitalerhöhung, mit der die
Regierung ausschließlich der DB bis zu 5,0 Milliarden Euro Umsatzausfälle ersetzen will. Frust und Ärger der „Leistungsträger im Schienengüterverkehr“ (Wester-Ebbinghaus) richten sich nun gegen Ministerium und Koalition, die auch im Zuge der Haushaltsberatungen kaltschnäuzig eine diskriminierungsfreie Unterstützung aller von der Pandemie betroffenen Güterbahnen abgelehnt haben. Frankreich und Österreich machen es vor und haben die Trassenpreise für alle Güterbahnen befristet gesenkt. In Deutschland sinkt die 2018 gestartete Trassenpreisförderung mit dem Fahrplanwechsel am kommenden Sonntag sogar geringfügig.
Dagegen wecken die überraschend vom Haushaltsausschuss beschlossene Verdoppelung (von 40 auf 80 Mio. Euro) der Mittel zur Förderung der Gleismieten im Einzelwagenverkehr sowie ein prominenter Betrag (insgesamt knapp 200 Mio. Euro) ab 2022 für eine seit langem angekündigte Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe den starken Verdacht, dass ähnlich wie bei der „Förderrichtlinie Energieeffizienz“ vor allem verschleiert der defizitäre Betrieb von DB-Gesellschaften subventioniert werden soll. Bei allen drei Förderprogrammen rechnet das Netzwerk in Folge des Förderrichtlinien-Designs mit DB-Quoten von deutlich über 90 Prozent.
Wichtige Zukunftsvorhaben wie die Innovationsförderung und die Schließung von Elektrifizierungslücken werden auch im Bundeshaushalt 2021 „erneut nur auf Sparflamme gekocht“ (Wester-Ebbinghaus). So wird der Etat des „Bundesprogramms Zukunft Schienengüterverkehr“ zum dritten Mal hintereinander auf nur 30 Millionen Euro statt der konzipierten jährlichen 100 Millionen Euro festgelegt.
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