„Deutschland braucht eine Bahnreform 2“ bringt das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) eine wesentliche Erwartung anlässlich des morgigen Spitzentreffens zum „Zukunftsbündnis Schiene“ auf den Punkt. Verkehrsminister Scheuer und der neue Bundesschienenbeauftragte Enak Ferlemann müssen sich nach den Worten des NEE- Vorstandsvorsitzenden Ludolf Kerkeling vor allem auf „fairen und pluralen Wettbewerb, eine leistungsfähige, moderne und gewinnfrei betriebene Infrastruktur sowie die Innovationsförderung statt auf die internen Probleme der Transportunternehmen der DB“ konzentrieren: „Preisstrategien oder Rabatte sind unternehmerische Instrumente. Allen Politikern, die sich in Feinsteuerung der DB versuchen, prophezeie ich: Sie werden sich in den Labyrinthen des riesigen Konzerns verlaufen.“
Kerkeling betonte: „Trotz unvollständiger Bahnreform und politischer Hürden hat sich so viel Leben neben der DB entwickelt, dass die Wettbewerbsbahnen im Schienengüterverkehr demnächst 50 Prozent Marktanteil überschreiten werden.“ Politik und Administration seien offenbar entgangen, dass und wer auf Deutschlands Schienen immer mehr Güter transportiert. Die gesamte Schienengüterverkehrsleistung stieg binnen 20 Jahren um mehr als drei Viertel an. 1996 lag sie am Tiefpunkt bei nur noch 69,7 Milliarden Tonnenkilometer. „Jetzt kommt die 130-Milliarden-tkm-Schwelle in Sicht!“ so Kerkeling zu den im August vom Statistischen Bundesamt angekündigten Korrekturen. In der Verkehrsstatistik waren zahlreiche stark gewachsene Wettbewerbsbahnen über Jahre nicht erfasst worden. Kerkeling: „Die Wettbewerbsbahnen haben mehr Leistungszuwachs erzielt als die DB Cargo parallel verloren hat. Die Marktöffnung hat dieses - übersehene - Wachstum möglich gemacht. Darüber muss die Zukunftsbündnis-Runde reden, wenn wir endlich Verkehre von der Straße auf die Schiene bekommen wollen.“
Das Wachstum auf der Schiene sei nämlich immer noch weit davon entfernt, die Straßen von Lkw spürbar zu entlasten. Das aber werde von einer breiten Gesellschaftsmehrheit gewünscht und von der Politik seit 50 Jahren versprochen. Der Straßengüterverkehr wachse nicht nur absolut viel stärker, sondern habe möglicherweise auch relativ seine Stellung im Gütertransport oberhalb der 70-Prozent Marke weiter ausgebaut. Kerkeling: „Der Blick auf die Mautstatistik und unsere Straßen legt das nahe. Auch hier pfeifen die Spatzen den Dächern, dass die gesetzliche, aber veraltete Zählweise der Statistiker falsche, nämlich zu niedrige Ergebnisse liefert.“ Wirklich erfasst werden nur die Daten von Unternehmen mit Sitz im Inland, die übrigen Volumina sind mit großen Zweifeln behaftet.
Von Scheuer und Ferlemann erwartet Kerkeling, dass nun die anspruchsvollen Ziele aus dem Koalitionsvertrag konkretisiert werden und bei den Rahmenbedingungen und der Infrastruktur umgesteuert wird. So habe es die Schweiz mit zugleich ambitionierten, aber auch langfristig angelegten und verbindlichen Programmgesetzen geschafft, bei der Infrastruktur „best in class“ in der europäischen Eisenbahnpolitik zu werden und konsequent die Rahmenbedingungen auf die verkehrlichen Ziele ausgerichtet.
Kerkeling bedauert, dass in vielen Diskussionen die Schweiz oder auch Österreich wegen der kleineren Landesfläche herablassend als untaugliches Vorbild abgetan würden: „Die Verkehrspolitiker des Bundes sollten mehr nach Bern und Wien als an den Potsdamer Platz pilgern. Wir stehen aber auch zur Verfügung, wenn die Politik statt unspezifischem Wehklagen und Milliardenforderungen ohne Gegenzusage mehr über positive Visionen des Schienengüterverkehrs der Zukunft hören möchte.“
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