Nach gut drei Jahren im Verkehrsministerium wird Dr. Volker Wissing demnächst für seine Nachfolge Platz machen und die Ampel erloschen sein. DIE GÜTERBAHNEN haben kurz vor der Wahl mithilfe des Koalitionsvertrages und einer aktuellen Lagebeurteilung eine (Abschieds- und) Eröffnungsbilanz vorgelegt.
Die rot-grün-gelbe Koalition und ihr früher der FDP angehörenden Verkehrsminister haben den Koalitionsvertrag in weiten Teilen ignoriert und nur wenige Vorhaben wie verabredet umgesetzt. Auch bei den notwendigen ad-hoc-Maßnahmen hatte die Ampel nur wenige Male ein geschicktes Händchen. Die neue Regierung muss nun doppelt schnell und reibungsarm eine schlüssige Verkehrspolitik gestalten. Die öffentliche Wahrnehmung des scheidenden Verkehrsministers und seiner Amtszeit ist gleichzeitig allgemein gut. DIE GÜTERBAHNEN haben bis zum letzten Tag gewartet, ob noch Bahnbrechendes aus der Invalidenstraße in Berlin zu hören ist, doch die Bilanz bleibt weit hinter den Erwartungen.
Wissing gilt als Eisenbahn-orientierter Verkehrsminister, der bis zu seinem Parteiaustritt sicher auch die eine oder andere parteiinterne Hürde nehmen musste. „Im Kern, weil er das Deutschland-Ticket für sich reklamiert und sich mit Nachdruck für zusätzliche Mittel für die Schienennetzsanierung eingesetzt hat. Dieses Verdienst bleibt, auch wenn das Instrument Eigenkapitalzuführung toxisch auf die Trassenpreise und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene wirkt“, kommentiert Peter Westenberger, Geschäftsführer der GÜTERBAHNEN. Tatsächlich stiegen im Güterverkehr die Trassenpreise innerhalb eines Jahres um 111 Prozent. „Der verhängnisvolle Mechanismus zwischen Eigenkapitalerhöhung für den DB-Konzern und Trassenpreisen war hinlänglich bekannt, gelöst wurde er nicht.”
Sinnbildlich für die Amtszeit Wissing, während der der Marktanteil des Schienengüterverkehrs zuletzt wieder rückläufig war: Wo kleine Schrauben gedreht wurden, fehlte dennoch das Gesamtkonzept. Der kurzatmige Dauerstreit um eine nachhaltige Finanzierung des Deutschland-Tickets wirkte zudem lähmend. Westenberger: „Wissing und die Ampel haben kein Konzept für das Ziel der Verkehrsverlagerung auf die Schiene entwickelt und die Klimaziele kurzerhand anderen oder der nächsten Regierung übergeben. Auch die Eisenbahnpolitik selbst zeigt vor allem verfehlte Ziele und ignorierte Herausforderungen: Faktisch wurde die Planung von Neu- und Ausbau gestoppt, die Gründung der InfraGO blieb eine Scheinreform, die nur auf dem Papier Gemeinwohlorientierung bereithielt.“
Die europarechtlich vorgegebene Lkw-Maut-Novelle wurde durch die Öffnung des Finanzierungskreislaufs Straße immerhin zu einer der wenigen Erfolgsgeschichten, die sich im internationalen Kontext sehen lassen kann. Auch die vom Wirtschaftsministerium betriebene Aussetzung der EEG-Umlage und das Instrument der Strompreisbremse haben in der Krise geholfen. „Dennoch steht auf der Haben-Seite viel zu wenig, wenn man bedenkt, wie Eisenbahn-affin der Koalitionsvertrag gewesen ist“, schließt Westenberger.
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