Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesverkehrswegeplanes 2030 nutzen. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) bündelt die Interessen der Wettbewerbsbahnen im Schienengüterverkehr, die zuletzt einen Marktanteil von knapp 38 Prozent (bzw. gut 43 Mrd. tkm Verkehrsleistung) am gesamten Schienengüterverkehr hatten und davon ausgehen, dass ihr Marktanteil bis 2020 auf etwa 50 Pro-zent anwachsen wird.
I. Grundsätzlich vertreten die im Verband zusammengeschlossenen Unternehmen die Auffassung, dass ein starkes und im Vergleich zum Marktwachstum überproportionales Anwachsen des Schienengüterverkehrs – bezogen sowohl auf Verkehrsleistung, Verkehrsaufkommen wie auch Umsatz – im Einklang mit den Zielen der EU-Kommission (Weißbuch Verkehr) und der Bundesregierung (Nationale Nachhaltigkeitsstrategie) möglich und politisch gewünscht ist. Hierdurch soll eine höhere volkswirtschaftliche Effizienz, insbesondere bezogen auf Umwelt- und Sicherheitsthemen, und die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen und weitestgehend importierten Energieträgern, erreicht werden.
Der vorliegende Entwurf des Bundesverkehrswegeplans nimmt hierauf jedoch keinen Bezug und muss daher noch einmal grundsätzlich überarbeitet werden. Prioritär muss zuvor untersucht werden, wie eine modernisierte Produktion im Schienengüterverkehr zu einer signifikanten Verlagerung von Verkehren von der Straße auf die Schiene bzw. zu einem überproportionalen Anteil an den erwarteten Verkehrszuwächsen führen kann.
II. Eine im Auftrag des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen von Professor Dr. Markus Hecht von der TU Berlin erstellte aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eine Verdoppelung der Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr von 2014 bis 2030 (auf rund 225 Mrd. tkm) durch eine Effizienz- und damit Attraktivitätssteigerung des Schienengüterverkehrs realistisch ist – allerdings unter der Annahme, dass auch infrastrukturseitig nicht nur ein Ausbau des Netzes sondern auch eine Anlagenmodernisierung durchgeführt wird (s.u.).
III. In diesem Zusammenhang irritiert besonders, dass die Erwartungen des Entwurfs zum modal split für das Zieljahr 2030 im Güterverkehr nahezu unveränderte Marktanteile – wenn auch auf einem deutlich erhöhten Verkehrsleistungsniveau – im Vergleich zur aktuellen Situation vorsehen – nämlich 18,4 Prozent gegenüber 17,3 Prozent im Jahr 2015. Die erwartete Entwicklung spiegelt eine nahezu unveränderte Fortschreibung des Trends für die Schiene und leichte Marktanteilsgewinne des Straßengüterverkehrs wider – und entspricht damit insbesondere auch der Prognose, die vor dem Beginn der Arbeiten am BVWP erstellt wurde.
Es ist nach Auffassung des Verbandes vor allem die These zu überprüfen, dass die Investitionstätigkeit des Bundes für seine Verkehrswege keinen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl der Verlader im Güterverkehr hat. Trotz einer substanziellen Steigerung der erwarteten Güterverkehrsleistung auf dem Schienennetz (46 Mrd. tkm gegenüber 2010) steigt der Prognose zufolge die Verkehrsleistung auf dem weiter stark auszubauenden Straßennetz deutlich stärker an (170 Mrd. tkm).
Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass insbesondere im Schienenverkehr der Anteil der Erhaltungs- und Ersatzinvestitionen im Verhältnis zu den vorgesehenen Investitionen für Neu- und Ausbau noch stärker steigt als es bei der Straße der Fall ist und für kapazitätserhöhende Aus- und Neubaumaßnahmen die erforderlichen Mittel fehlen.
IV. Ein fortgeführter systematischer Fehler liegt nach Auffassung des Verbandes durch die in der BVWP-Systematik ausgeblendeten verteilten Verantwortlichkeiten beim Straßen- und beim Schienennetz vor. Während das Schienennetz durch die Verantwortlichkeiten des Bundes dominiert sind – und dessen Investitionstätigkeit damit bundesweit weitgehend über den Ausbauzustand der Schieneninfrastruktur entscheidet – wird das sog. „Bundesfernstraßennetz“ auch in erheblichem Umfang durch Nahverkehr genutzt und in seiner Dimension durch diese Verkehre bestimmt. Wenn angeblich 75 Prozent der Straßenneubauprojekte im aktuellen BVWP-Entwurf überregionalen Charakter haben, trifft im Umkehrschluss zu, dass 25 Prozent der Maßnahmen diesen Bezug nicht haben. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass das Straßennetz auch zu einem erheblichen Teil durch die Aufgabenträger Länder und Kommunen mitbestimmt wird und beim Vergleich der Investitions-niveaus zwischen Straße und Schiene dieser Umstand mit zu berücksichtigen wäre. Der – systematisch auch nicht durchgehaltene (s. z.B. beim RRX) – angebliche Verzicht auf die Planung von Schienennahverkehrs-projekten wird mit anderen Finanzierungsinstrumenten für den SPNV gerechtfertigt. Unabhängig von der Tatsache, dass deren Existenz über das Jahr 2020 hinaus nicht gesichert ist, bestehen im Schienennetz vielfältige Wechselwirkungen zwischen den Verkehrsarten, so dass nicht nur die Belange des SPNV berücksichtigt werden sollten, sondern diese in vielen Fällen auch indirekte Nutzen für den SGV (bzw. den SPFV) generieren. Nicht zuletzt im Sinne der als Ziel zitierten Orientierung der Netzplanung hin auf einen sog. „Deutschland-Takt“ ist eine vollständige Einbeziehung aller bekannten SPNV-relevanten Planungen in die Planungssystematik des BVWP zu fordern.
V. Der Grundthese, dass die Investitionen in die Infrastruktur keine Verlagerungseffekte auslösen (können), widerspricht der Lebenswirklichkeit des Transportgewerbes, wo Verlagerungen von der Schiene auf die Straße seit Jahrzehnten ungeachtet des allgemeinen Marktwachstums stattfinden – im Wesentlichen getrieben durch die Faktoren Preis, Transportgeschwindigkeit und Qualität. Alle drei Faktoren wurden durch den mas¬siven Ausbau der Straßeninfrastruktur (die in den allermeisten Fällen die gleichen Verkehrsbeziehungen, die bereits dem älteren Schienennetzausbau zu Grunde lagen, nachbildete und damit in unmittelbarer Konkurrenz zum Schienenverkehr stand und steht) zu Gunsten des Straßenverkehrs verschoben, da es nur im Gegenzug geringe (NBS/ABS, KV-Terminals) kapazitätserhöhende, dafür jedoch viele kapazitätsmindernde (Strecken- und Kapazitätsrückbau, Rückbau von Anschlussgleisen und Zugangsstellen) Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Schiene und nur wenige geschwindigkeitserhöhende Maßnahmen gab. Aktuell und in den kommenden Jahren stehen viele unabweisbare und teilweise aufgeschobene sanierende Maßnahmen im Bestandsnetz der Schiene an, die zu einer hohen Beeinträchtigung der Qualität (und teilweise auch der planbaren Transportzeiten) führen und dennoch nach Abschluss keine geschwindigkeitserhöhenden oder zusätzlich flächenerschließenden Wirkun¬gen haben werden, so dass kurzfristig mit einer Verschärfung der Konkurrenzsituation Straße/Schiene im Güterverkehr zu Lasten der Schiene zu rechnen ist.
VI. Darüber hinaus ist aus Sicht des Verbandes der Grundannahme aus weiteren Gründen zu widersprechen:
• Neu- und Ausbauprojekte mit einem Nutzen für den Schienengüterverkehr, die nicht mit einem zeit-gleichen Ausbau parallel liegender Straßeninfrastruktur einher gingen, haben zu überproportionalen Steigerungen der Verkehrsvolumina im Schienengüterverkehr geführt, s.z.B. den Bau des Lötschberg-Basistunnels in der Schweiz oder der BetuweLijn
• Vorhandene Kapazitätsprobleme im Schienennetz der DB Netz AG führen nach Aussagen von Verladern zum Verzicht auf den gewünschten Transport mit der Schiene oder sogar zu Rückverlagerungen
• Die vorgesehenen Ausbaumaßnahmen im Bundesfernstraßennetz bewirken indirekt eine Verschlechterung der Kosten-Nutzen-Verhältnisse potenzieller, im gleichen Raum liegender Ausbaumaßnahmen im Schienennetz. Einige Projekte in den wenigen, bisher mit Autobahnen wenig erschlossenen Regionen (z.B. A 14, A 39) werden zur Abwanderung von Schienenverkehren auf die Straße führen bzw. die Markt-potenziale der Schiene schmälern und haben beispielsweise bei der Dimensionierung des Ausbaus der Schienenverbindungen im Hafenhinterlandverkehr von Hamburg (Ausbau Alpha-E) für eine kapazitativ auf mittlere Sicht zu geringe Dimensionierung der Schienenkapazitäten geführt.
VII. Da nach Aussage des Entwurfs „im zweiten Schritt (Hinweis: nach der Ermittlung des „unabweisbaren“ Erhaltungsbedarfs) die weiteren Mittel für Aus- und Neubaumaßnahmen auf die drei Verkehrsträger verteilt“ wurden, wäre diese Mittelverteilung schon an sich als politische Setzung zu sehen und würde dementsprechend entgegen der o.g. Thesen auch einen eigenen politischen Spielraum für Schwerpunkte im Infrastrukturausbau eröffnen.
Laut Entwurf sollen 41,3 Prozent der Gesamtmittel für die Schiene verwendet werden, 49,4 Prozent sind für die Straße und 9,3 Prozent für die Binnenwasserstraße vorgesehen. Bei Beschränkung auf Neu- und Ausbau liegt die Straße mit 55,4 Prozent deutlicher vorn, die Schiene noch niedriger mit 40,3 Prozent und die Wasserstraße mit nur 4,2 Prozent deutlich unter den Anteilen an den Gesamtausgaben. Für die Schiene werden 1,7 Mrd. Euro pro Jahr „im Durchschnitt“ angegeben, 600 Millionen Euro pro Jahr weniger als in den Straßenneu- und -ausbau gehen sollen.
Die Bewertung der Schienenvorhaben zeigt, dass die langjährig kritisierte, vorrangig an Maßnahmen des Hochgeschwindigkeitspersonenverkehrs ausgerichtete Schieneninfrastrukturpolitik des Bundes noch weit in den Planungszeitraum des BVWP 2030 hinein reicht:
Bei den insgesamt 105 Positionen fällt zunächst der hohe Anteil von 12 Mrd. Euro vorgesehenen Investitionen auf, die 38 „laufende oder fest disponierte“ Vorhaben vollenden sollen.
Nominal 21 „Projekte“ sollen „neu“ in den Kategorien VB und VB-E mit einem vorgesehenen Gesamtaufwand von 37,5 Mrd. Euro (darunter 31,6 Mrd. für Neu- und Ausbau und 5,9 Mrd. für Erhalt/Ersatz) realisiert werden, wobei sowohl konzeptionell ältere (VDE 8.1) als auch langjährig diskutierte Vorhaben („Mottgers-Spange“ bzw. Alternative) und viele nicht präzisierte Vorhaben darin enthalten sind. Wirklich neu sind in diesem BVWP lediglich der „Ostkorridor“, der „Korridor Mittelrhein“, der Verzicht auf die Y-Trassen-Planung zu Gunsten einer noch nicht bewerteten Alpha-E-Variante, die „Ihringshäuser Kurve“ sowie-mit Wohlwollen-die RRX-Planung.
Der „Weitere Bedarf“, dessen Realisierung unter den aktuellen Prämissen der Schieneninfrastrukturfinanzierung höchst fragwürdig wäre, besteht bei der Schiene nur aus drei Sammelpositionen, die unter dem Vorbehalt der Präzisierung der Planung und des Nachweises der Wirtschaftlichkeit stehen.
Insgesamt 41 Vorhaben/Projekte des „Potentiellen Bedarfs, die in WB oder VB aufsteigen können“ werden darüber hinaus ohne Angabe von Kostenschätzungen und mit einem offensichtlich sehr rudimentären Planungsstand dokumentiert. Es steht zu vermuten, dass jegliche Realisierung vollkommen unwahrscheinlich ist.
Wie unten aufgeführt wird, dürften jedoch schon die Ansätze für den Erhalt und die unabweisbare technologische Modernisierung und Erneuerung des Bestandsnetzes zu gering kalkuliert worden sein.
VIII. Im Ergebnis müssen die Gesamtinvestitionen in das Schienennetz deutlich erhöht werden, um die verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Ziele erfüllen zu können. Unter der Annahme, dass die Gesamtsumme der Ausgaben des Bundes auf dem dargestellten Niveau (226,7 Mrd. Euro im Zeitraum bis 2030) das realistische höchste Volumen beziffert, sollte die Verteilung der Mittel auf die Verkehrsträger grundsätzlich am Beispiel der Schweiz orientiert werden: dort werden aktuell 60 Prozent der Bundesmittel für Neu- und Ausbau in die Schiene und 40 Prozent der Mittel in die Straße gelenkt. Vor dem Hintergrund, dass der Schiene in der Schweiz seit vielen Jahren mehr Aufmerksamkeit und finanzielles Engagement der Schweizer Bundesregierung und der Kantone entgegengebracht wird und das Netz daher grundsätzlich in einem moderneren Zustand ist als in Deutschland, erscheint ein Anteil von ca. 60 Prozent der Bundesmittel in Deutschland (unter Berück-sichtigung von Aufgaben bei den Bundeswasserstraßen, die in diesem Umfang in der Schweiz nicht existieren) angemessen.
IX. Vor dem Hintergrund der langen Planungsvorläufe und der aktuell anstehenden Schwerpunkte in der Sanierung des vorhandenen Netzes muss eine entsprechende Mittelverteilung, vor allem im zweiten Teil der Laufzeit des Bundesverkehrswegeplanes, nicht jedoch in der Zeit nach 2030 („Schleppe“, die im Bereich der Eisenbahnen schon im vorliegenden Entwurf viel groß kalkuliert ist), gewährleistet sein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der ggf. verlangsamte Kapazitätszuwachs im Fernstraßennetz bei anhaltender Verkehrsmengensteigerung auch zusätzliche Nachfrage im Schienensektor nach sich ziehen würde.
X. Im Hinblick auf die vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich der Schieneninfrastruktur möchten wir weiterhin folgende Hinweise geben:
1) Zustimmung möchten wir für die in der weitgehenden Übernahme der „Netzkonzeption 2030“ der DB Netz AG zum Ausdruck kommende Priorisierung von Maßnahmen im Schienennetz signalisieren. Die Orientierung an vorhandenen Engpässen sowohl auf bestimmten Hauptstrecken und in benannten Knotenbereichen sowie einzelne Maßnahmen, die gezielt die Umfahrung von hochbelasteten Strecken-abschnitten und Knoten ermöglichen werden, ist aus Sicht des Verbandes richtig..
2) Es ist zugleich bedauerlich und systematisch bedenklich, dass der erreichte Planungsstand keine sys-tematische Einschätzung zulässt. Nur wenige hoch bewertete Vorhaben sind hinreichend präzise beschrieben, die „Laufenden Nummern 1 bis 6 sowie 8 bis 17“ bei VB-E und VB umfassen ein geplantes Investitionsvolumen von nur gut 29,5 Mrd. Euro, rund 8,3 Mrd. sind gänzlich von weiteren Untersuchungen abhängig. Anders ausgedrückt: schon in der höchsten Prioritätsstufe ist ein knappes Viertel der ge-planten Investitionsmittel von einer vertieften Analyse abhängig. Auch im „Weiteren Bedarf“ sowie der mit 43 Positionen besonders starken Kategorie des „Potenziellen Bedarfs“ dominiert die Unverbindlichkeit. Dies könnte angemessen sein, weil bei kleinteiligen (!) Maßnahmen eine seriöse Abschätzung der Wirkungen (und der Kosten) kaum mit den BVWP-Mechanismen möglich ist und viele besonders effektive Verbesserungen vor allem im Bestandsnetz genau durch Kleinteiligkeit charakterisiert sind. Auf der anderen Seite kann zum jetzigen Zeitpunkt nur unterstellt werden, dass die Verwendung der genannten Bundesmittel auch aus Sicht der Eisenbahnverkehrsunternehmen zielführend und vor allem zeitnah erfolgt. Eine angemessene, die Nutzer der Schieneninfrastruktur frühestmöglich einbeziehende, Bewer-tung (und ggf. nachträgliche Ergänzung) von Vorhaben ist erforderlich. Transparenz muss seitens der DB Netz AG hergestellt werden, in welchem Umfang hierfür bereits Planungen angestellt wurden, in welcher zeitlichen Dauer und Reihenfolge die Maßnahmen umgesetzt werden sollen und welche Kosten hierfür zu erwarten sind. Ziel muss es sein, vorbehaltlich erforderlicher Planrechtsverfahren die besagten Arbeiten bis 2022 abzuschließen. Die vorgeschlagene Vorgehensweise sollte zusammen mit dem BVWP bzw. dem Schienenwegeausbaugesetz in rechtsförmlicher Art geregelt werden.
3) Das in der Lfd. Nr. 35 des „Potenziellen Bedarfs“ in sehr allgemeiner Form aufgeführte Vorhaben, ein Programm für 740 Meter lange Überholgleise aufzulegen und „vorbehaltlich der Wirtschaftlichkeit“ zu finanzieren, muss prioritär den Projekten „VB-E und VB“ zugeordnet werden, da diese Maßnahmen aus Sicht der Schienengüterverkehrsunternehmen die mit Abstand vordringlichste Maßnahme zur Erhöhung der Effizienz im Schienengüterverkehr ist.
4) Die unter der „Lfd. Nr. 8“ aufgeführten Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur zwischen Bamberg und Nürnberg für den Hochgeschwindigkeitsverkehr (VDE 8.1) sollten unter einen Vorbehalt der entsprechenden Netzwirkung der hiermit zu erzielenden Fahrzeitverkürzungen im SPFV gestellt werden. Die Maß-nahme hat neben einer indirekten Verbesserung der kapazitativen Situation im Korridor keine herausgehobene Wirkung für den SGV, für den der Ausbau des parallel liegenden „Ostkorridors“ (Lfd. Nr. 16) Vorrang hat bzw. durch diesen Ausbau Kapazität für den Personenverkehr zwischen Bamberg und Nürnberg schaffen kann.
5) Die Planung für einen „Ostkorridor“ (Lfd. Nrn. 15 und 16) ist aus unserer Sicht unvollständig, weil die volle entlastende Wirkung der vorhandenen Nord-Süd-Verbindungen im SGV nur durch eine Fortführung des komplett zu elektrifizierenden Ausbaus von Regensburg nach Süden östlich des Knotens München für Verkehre nach Österreich erfolgen kann.
6) Das Netzwerk begrüßt, dass durch das Ergebnis des „Dialogforums Nord“ die jahrelange unproduktive Auseinandersetzung um die Realisierung der in der Raumordnung fixierten Y-Trasse nahezu einvernehmlich in der Region beendet wurde und die Option zur Realisierung von kapazitätserhöhenden Maßnahmen im Korridor für den SGV geschaffen wurde. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen unter Berücksichtigung der verbleibenden sehr langen Realisierungszeiträume bereits in wenigen Jahren an Hand der realen Verkehrsmengenentwicklung auf ihre dauerhafte Eignung überprüft werden und ggf. durch zusätzliche Maßnahmen im Korridor ergänzt werden müssen. Hierbei sind aus Sicht des Verbandes vor allem die Entlastung der Knoten Hamburg und Hannover sowie der besonders enge Teilabschnitt zwischen Uelzen und Celle zu berücksichtigen.
XI. Sowohl die für die Bestandsnetzerhaltung als auch die für den Neu- und Ausbau vorgesehenen Mittel reichen zur Finanzierung anstehender Aufgaben nach unserer Kenntnis der Kalkulationsgrundlagen nicht aus, so dass schon aus diesen, folgenden Gründen die Gesamtansätze für das Schienennetz erhöht werden müssen:
1) Es ist nach unserer Einschätzung zu erwarten, dass der Bedarf für Erhaltungs- und Ersatzinvestitionen (unabhängig vom Ausbauanteil) in den Jahren ab 2020 – auch real - höher liegen wird als die durch-schnittlichen Beträge, die derzeit in der LuFV II zwischen der DB Netz AG und dem Bund zu diesem Zweck vertraglich bis Ende 2019 verabredet wurden. Eine schlichte Fortschreibung der Ansätze würde daher das Ziel, das Durchschnittsalter der Anlagen zu senken (besser: den Modernitätsgrad der Infrastruktur zu erhöhen), verfehlen. Nach Auffassung des Verbandes müssen – unabhängig von der Frage, ob das gewählte Konstrukt LuFV weitergeführt wird – die Bundesmittel in den beiden relevanten fünfjährigen Folgeperioden entsprechend des zu ermittelnden Bedarfs erhöht werden.
2) Die Kosten für den vordringlichen bedarfsgerechten Ausbau der Großknoten (Lfd. Nr. 19) wurden seitens der DB Netz AG mit fünf bis sieben (statt 2,5) Milliarden Euro beziffert. Wegen der hohen Bedeutung der Durchlassfähigkeit der wesentlichen Knoten für den Güterfernverkehr auf der Schiene ist eine Orientierung an den tatsächlich zu erwartenden Kosten erforderlich und damit eine Klärung, ob die im BVWP-Entwurf genannte Summe tatsächlich ausreichen kann. Aus Sicht des Verbandes sind die Angaben der DB Netz AG in dieser Hinsicht als realitätsnäher einzuschätzen.
3) Die sinnvollerweise mit dem Schienengüterfernverkehrsfinanzierungsgesetz gestartete finanzielle Unterstützung der Modernisierung der Infrastrukturen von nichtbundeseigenen Eisenbahninfrastruktu-runternehmen sollte fortgesetzt und der Ausbau ermöglicht werden. Die vom Bund hierfür zur Verfügung gestellten Mittel sollten im Planungszeitraum des BVWP nach Maßgabe einer längerfristig angelegten Planung der Betreiber so gestaltet werden, dass diese Infrastrukturen eine deutlich stärkere, vor allem überregionale verkehrliche Bedeutung erlangen können. Im Planungszeitraum sollte hierfür ein Betrag von zwei Milliarden Euro angesetzt werden.
4) Weiterhin sollte im Planungszeitraum die vollständige Ausrüstung des relevanten Netzes mit ETCS erreicht werden, um Effizienzsteigerungen im Betrieb zu ermöglichen, ohne dabei durch einen langen Umsetzungszeitraum die Migrationskosten unnötig in die Höhe zu treiben. Es ist davon auszugehen, dass die hierfür erforderlichen Kosten im Entwurf des BVWP nur zum Teil bzw. allenfalls in der Schleppe enthalten sind. Dies sollte geändert werden.
5) Insbesondere die Erfahrungen mit Verfahren zur Beseitigung von Überlastungserscheinungen im vorhandenen Netz gem. §§ 16 bis 18 EIBV haben gezeigt, dass die Systematik der Priorisierung und Finanzierung nach dem Bundesverkehrswegeplan für die Realisierung als notwendig erkannter Maßnahmen nicht geeignet sind. Ein entsprechendes Budget sollte zusätzlich im VB-E mit einem jährlichen Volumen von 50 Mio. Euro vorgesehen werden. Eine Kompensation ist ggfs. mit den Ansätzen der „Projekte des Potentieeln Bedarfs“ möglich.
6) Vor dem Hintergrund steigender Erwartungen der Anwohner von vorhandenen sowie neu oder aus zu bauenden Verkehrswegen an den Lärmschutz sowie der Vorbildwirkung , den der Bundestagsbeschluss für einen verbesserten Lärmschutz beim Ausbau der Rheintalbahn im bundesweiten Maßstab haben wird, ist von deutlich höheren durchschnittlichen Kosten für lärmmindernde Trassierungen sowie aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen an den Trassen zu rechnen, so dass die Kostenschätzungen nach oben angepasst werden müssen.
7) Zur Modernisierung der Infrastruktur mit dem Ziel der Minderung der Betriebskosten bei Erhöhung der Leistungsfähigkeit sollte grundsätzlich stärker als in den vergangenen Jahren in die Streckenelektrifizierung investiert werden. Gleiches gilt für den zu forcierenden Ersatz von elektrischen Weichenhei-zungen durch (im Invest aufwändigere, in den Betriebskosten und ökologisch deutlich günstigere) geothermische Anlagen. Darüber hinaus scheint die bisherige Planung von Umrichtern zur Verbindung des öffentlichen Stromnetzes mit dem 16,7-Hz-Bahnstromnetz auf die Absatzplanungen der DB Energie zugeschnitten zu sein. Die fortschreitende Nutzung der Möglichkeiten der Durchleitung wie auch der insgesamt im öffentlichen Netz steigende Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien gebietet vermutlich einen noch stärkeren Ausbau der Umrichter-Kapazitäten. Einsparmöglichkeiten könnten u.U. in einer Ausführung von neu zu elektrifizierenden Strecken in 50-Hz-Technologie liegen.
Für Ihre Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Westenberger
Geschäftsführer