Das Finanzministerium hat seinen Haushaltsentwurf an die Ressorts vorgelegt. DIE GÜTERBAHNEN sehen für die Schiene gemischte Verhältnisse, allerdings schätzen sie den Entwurf gerade angesichts von Aufwüchsen bei der Straße als wenig zukunftsgerichtet ein. Eine erste Analyse:
Wenn der erste Eindruck zählt, dann scheint die Regierung sich mit diesem Haushaltsentwurf Mühe gemacht zu haben, einen weiteren Aufschrei der Eisenbahnverbände nach Kürzungen, wie sie im Frühjahr passierten, zu vermeiden. Allerdings zeigt der zweite Blick: Wo mehr Mittel bewilligt werden sollen, gibt es Kürzungen an anderer Stelle – und die wären genauso entscheidend für die Zukunft der Schiene. „Wenn die Situation im Schienennetz derzeit einem Herzinfarkt gleicht, verabreicht die Regierung mit diesem Haushalt gerade lediglich Beruhigungsmittel. Wir erleben weiterhin, wie Prioritäten falsch gesetzt werden“, so die Einschätzung von Neele Wesseln, Geschäftsführerin der GÜTERBAHNEN.
So ist löblich, dass die Mittel für die Förderung des Schienenverkehrs insgesamt um 33 Prozent sowie für den Kombinierten Verkehr und private Gleisanschlüsse um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen sollen. Auch gäbe es einen deutlichen Mittelzuwachs für Kleine und Mittlere Maßnahmen, die schnell und einfach mehr Kapazität schaffen können. Während die Mittel für den Neu- und Ausbau der Bundesfernstraßen um rund ein Prozent gegenüber dem Vorjahr sinken sollen, stünden für den Neu- und Ausbau der Schiene Steigerungen in Höhe von 37 Prozent zu Buche. Wesseln: „Das ist gut, doch wenn es wirklich darum ginge, Verlagerung zu erreichen, müsste wahrhaftig umgeschichtet werden. Die absoluten Investitionen für den Neu- und Ausbau der Schiene liegen noch immer rund 1,5 Milliarden Euro unter denen der Bundesfernstraßen.“ Maßgeblich für deutlich mehr Verkehr auf der Schiene ist und bleibt die Erweiterung des Schienennetzes – entscheidend sind also Projekte des sogenannten „Vordringlichen Bedarfs“ des Bedarfsplans Schiene. Hier plant das Kabinett die Mittel für Bundesstraßen um 45 Prozent zu steigern, während es den äquivalenten Titel für die Schiene nur um 30 Prozent erhöhen will. „Wo bleibt die Umschichtung?“, fragt sich Wesseln.
Hinzu kommt, dass Mahnungen und weitreichende Kritik der Eisenbahnverbände aus den vergangenen Wochen im Kabinett offenbar ungehört verklingen. Das Eigenkapital der Deutschen Bahn soll laut Entwurf um 5,9 Milliarden Euro in 2025 erhöht werden, das sind sogar 1,9 Milliarden Euro mehr als von der DB InfraGO selbst in ihren Planungen vorgesehen waren. Wesseln: „Wir reden uns seit Monaten den Mund fusselig, dass das eine Katastrophe für Güterbahnen wird, weil eine Eigenkapitalerhöhung in dieser Größenordnung die Trassenpreise, also die „Maut“ für die Schiene, bedrohlich in die Höhe schnellen lässt. Hier wird die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene geopfert, um die Schuldenbremse zu umgehen.“ Gut ist: Die Förderung der Trassenpreise soll auf 275 Millionen Euro angehoben werden. Damit liege sie zwar über der Finanzlinie des BMDV, allerdings reagiert die Regierung nicht auf die jüngsten Entwicklungen. „Krisenmanagement sieht anders aus. Es fehlen mindestens 75 Millionen Euro, um die Mehrkosten durch die Trassenpreissteigerungen 2025 auszugleichen, geschweige denn die voraussichtlich anstehenden Steigerungen von rund 55 Prozent ab 2026. Diese Entwicklung verdeutlicht erneut den dringenden Bedarf einer Reform des Eisenbahnregulierungsgesetzes, in dem die Spielregeln für das Trassenpreissystem festgelegt werden. Für derart hohe Eigenkapitalerhöhungen war das System nie gedacht“, so Wesseln.
Leicht optimistisch stimmt, dass die Bundesregierung ihre Verpflichtung zum ETCS-Ausbau noch nicht vollständig vergessen zu haben scheint. Gut 300 Millionen Euro mehr stehen dafür im kommenden Jahr zur Verfügung. Das ist ein kleiner Schritt nach vorne, der jedoch offenlässt, welcher Anteil davon für die Fahrzeuge vorgesehen ist.
Bei den anstehenden Haushaltsberatungen muss sich zeigen, ob die Koalition hinter ihrem eigenen Koalitionsvertrag steht.
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