Durch 750 neue „Gleiskilometer“ wollen das Bundesverkehrsministerium und die Deutsche Bahn das Schienennetz bis einschließlich 2030 ausbauen. Ist das viel? Eher nicht – weder bezogen auf den Bedarf noch den Bestand.
Nach dem Willen aller demokratischen Parteien soll die Schiene ihren Marktanteil bis 2030 steigern – laut Ampel-Koalitionsvertrag im Güterverkehr auf 25 Prozent. Das deutsche Schienennetz ist an vielen Stellen überlastet und für die Aufnahme zusätzlichen Verkehrs wird seit Jahren mehr Platz in Form von Schienen sowie Abstellanlagen, Bahnhöfen und Verladestellen angemahnt. Im Bundesschienenwegeausbaugesetz wird genau das von der Politik auch versprochen. Allerdings: Im Schnitt 100 neue Gleiskilometer in den siebeneinhalb Jahren bis 2030 ist gerade einmal ein Prozent der Kilometer, um die das deutsche Straßennetz jährlich erweitert wird (10.000 Kilometer). Das Schienennetz wurde viele Jahre geschrumpft und seit der Bahnreform 1994 nur an wenigen Stellen durch Neu- und Ausbauten um insgesamt knapp 1.800 Kilometer gestärkt. Die DB Netz AG betreibt etwa 95 Prozent des deutschen Schienennetzes mit einer Gleiskilometer-Länge von aktuell 60.999 Kilometern. Da viele Strecken zwei- oder mehrgleisig sind, beträgt die aktuelle Netzlänge 33.469 Kilometer. Das Zubauziel von 750 – angegeben in Gleiskilometern – würde also bis 2030 das DB-Netz um lediglich 1,23 Prozent erweitern. Kein Wunder, dass DIE GÜTERBAHNEN und auch die Betreiber des Schienenpersonenverkehrs die bisherigen Planungen für den Netzausbau von Bund und DB als zu schwachatmig bezeichnet haben.
Zu der vor wenigen Tagen veröffentlichten Zahl „750 Gleiskilometer“ wurde zwar keine Projektübersicht veröffentlicht, nach Experteneinschätzungen passen sie aber zur bekannten Vorhabensliste, die seitens der DB Netz im Rahmen der Deutschlandtakt-Etappierung vor einem Jahr angekündigt worden waren. Das würde bedeuten, dass keine zusätzlichen Neu- und Ausbauvorhaben auf dem Tisch liegen – dabei hat die Ampel-Regierung Ende März vereinbart, den Schienenausbau gesetzlich zu beschleunigen und 45 Milliarden Euro zusätzliche Investitionsmittel für das Schienennetz bereitzustellen. Um den Schienenverkehr – sowohl bei Güter- als auch Personentransporten – entsprechend der politischen Ziele anwachsen zu lassen, ist ein deutlich ambitionierteres Vorgehen und ein schnellerer Ausbau des Schienennetzes als bisher geplant erforderlich. Die Generalsanierung von 4.300 Streckenkilometern im hochausgelasteten Netz wird hier keinen großen Beitrag leisten können, da sie nur geringfügig zu tatsächlicher Steigerung der Kapazität beitragen wird und keine zusätzlichen Strecken schafft – wenngleich sie als solche zu begrüßen ist.