Anders als im Schienenverkehr, wo seit der Einführung von „Trassenpreisen“ im Jahr 1994 volle 100 Prozent der Strecken mautpflichtig sind, wird für Pkw, Busse und einige spezielle Straßenfahrzeuge gar keine und für Lkw eine Maut erst seit 2005 und auch nur auf einem kleinen Teil des Straßennetzes erhoben. Anfangs mussten nur Lkw oberhalb von 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht auf den Autobahnen zahlen. Erst 10 Jahre später, seit 2015, gilt die Mautpflicht ab 7,5 Tonnen und erst seit 2018 auch auf allen Bundesstraßen. Damit sind allerdings nur rund 6 Prozent aller Straßen mautpflichtig, denn das Gros des Straßennetzes wird von den Kommunen und Ländern betrieben und nicht vom Bund.
Die Ampel-Koalition hat sich auf die Eckpunkte einer Erweiterung der Maut auch auf leichtere Lkw (oberhalb 3,5 Tonnen), einige Ausnahmen und die Anlastung von bisher nicht berücksichtigten Umweltschäden in der Maut verständigt. Der Maut-Gesetzentwurf hat wegen der komplizierten Aushandlungsprozesse innerhalb der Koalition zwar bisher noch nicht den Segen des Kabinetts, gilt aber als wenig umstritten. Die Erhebung der Maut auf dem gesamten Straßennetz hat das für den Entwurf zuständige Bundesverkehrsministerium bisher noch nicht vorgesehen. Das ist nicht so recht zu verstehen, da natürlich auch auf dem oft so genannten „nachgeordneten“ Straßennetz Infrastruktur- und Umweltschäden durch Lkw-Fahrten ähnlich wie auf den Bundesfernstraßen entstehen. Bisher werden diese von der Allgemeinheit beziehungsweise aus dem Etat von Ländern und Kommunen finanziert – eine indirekte und klimapolitisch kontraproduktive Subvention, die auch nach der europäischen Gesetzgebung abgebaut werden sollen.
Würde das Lkw-Mautgesetz die durchgängige Erhebung der Lkw-Maut auf allen Straßen vorsehen, stiege das Lkw-Mautaufkommen um 2,2 Milliarden Euro pro Jahr an, schätzte das Schweizer Beratungsunternehmen Infras im Frühjahr 2022. Die Zahl basierte auf den seinerzeit erhobenen Lkw-Mautsätzen, beinhaltet also noch nicht die nun vorgesehene Einbeziehung der CO2-Emissionen. Exakte Zahlen zur Lkw-Fahrleistung auf den Landes- und Kommunalstraßen liegen nicht vor. Das Besondere: der Bund würde zwar die Erhebung gesetzlich einführen, das Aufkommen würde aber den Ländern zufließen, die damit die Sanierung der Straßen in ihrer „Baulastträgerschaft“ verursachergerecht aus dem sogenannten „Infrastruktur-Teilbeitrag“ der Lkw-Maut statt dem allgemeinen Steueraufkommen finanzieren könnten.
Die Einnahmenanteile, die sich aus den bisher ungedeckten Umweltfolgekosten ergeben, könnten Länder oder Kommunen für umweltentlastende Güterverkehrsprojekte einsetzen, von der Reaktivierung stillgelegter eigener Schienenstrecken bis zu modernen Verladestellen für klimafreundliche City-Logistik. Das Land Baden-Württemberg hat die Chancen der Zeit erkannt: die grün-schwarze Landesregierung hat 2021 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Maut auf Landes- und Kommunalstraßen auszudehnen, am besten bundesweit, hilfsweise nur im Südwesten. Während neben dem Fiskus die verladende Wirtschaft durch eine flächendeckende und umweltfreundlich ausgerichtete Maut Impulse für mehr Schiene und mehr CO2-arme Lkw-Antriebe erhält, ist der Effekt an der Ladenkasse kaum bemerkbar. Beispiel: würde eine Bierflasche der berühmten Südschwarzwälder Staatsbrauerei Rothaus mit dem Lkw einmal quer durch’s Ländle in einen Wertheimer Getränkemarkt transportiert, würde die neue Lkw-Maut sie um 0,0033 Euro verteuern.