„Bingo“ – ein spaßiger Zeitvertreib und mit dem Thema Schienengüterverkehr kombiniert auch ein Kontrollmechanismus, um den Fortschritt der Regierung in der Erreichung verkehrspolitischer Ziele zu messen. So spielen DIE GÜTERBAHNEN seit dem Auftakt der Legislaturperiode der Ampel-Regierung mit einer Auswahl von 25 für den Schienengüterverkehr bedeutsamen Vorhaben aus deren Koalitionsvertrag „Schienenbingo“. Fazit: Nur 2 von 25 verkehrspolitische Vorhaben hat die Regierung vollständig umgesetzt und den Bingo-Teilnehmenden dementsprechend lediglich ermöglicht, 2 Kästchen abzustempeln. Ein waagerechtes, senkrechtes oder diagonales „Bingo“ war so bisher nicht erreichbar.
Mit dem Amtsantritt der Ampel-Koalition sollte einiges für den Verkehr und das Klima besser werden: Das übergeordnete Ziel stellte dabei die Steigerung des Marktanteils der Schiene im Güterverkehr auf 25 Prozent bis 2030 dar. Um dies zu erreichen, schrieb die Regierung bei ihrem Amtsantritt bedeutsame Maßnahmen als Teilschritte auf dem Weg zur Erreichung dieses übergeordneten Zieles der Verkehrsverlagerung in ihrem Koalitionsvertrag fest. Die 25 relevantesten Maßnahmen haben DIE GÜTERBAHNEN in ein Bingo-Spiel speziell für den Schienengüterverkehr übersetzt.
Bei 23 von 25 verkehrspolitischen Vorhaben glänzt die Regierung leider nur mit Nicht-Erfüllung. Ein besonders Wichtiges darunter, das immense Wirkung auf das übergeordnete Ziel der Verkehrsverlagerung hätte entfalten können, ist die Steigerung der Investitionen für den kapazitätssteigernden Neu- und Ausbau der Schiene. Maßstab sind für DIE GÜTERBAHNEN dabei die Investitionen in die Straße. Zwar hat während der aktuellen Legislaturperiode eine Steigerung der Schieneninvestitionen stattgefunden, dies liegt aber vor allem daran, dass innerhalb der vorangegangenen Legislaturperioden – als Vergleichswerte – der Sanierungsstau überhaupt erst entstanden ist. Von einem Wert der kapazitätssteigernden Schieneninvestitionen, der den der Straßeninvestitionen übersteigt, ist die Zusammensetzung der Haushaltsausgaben noch weit entfernt. Zudem geraten die Unternehmen neben fehlenden Investitionen in ein resilienteres Schienennetz, das den politisch gewollten Mehrverkehr auch aufnehmen kann, wegen explodierender Trassenpreise immer stärker unter Druck. Güterbahnen gehen davon aus, dass Kunden demnächst auf die Straße abwandern werden – das Gegenteil der klimapolitischen Ziele.
Den 23 nicht-erfüllten Vorhaben stehen nur 2 umgesetzte Vorhaben gegenüber:
(1) Die Öffnung des Finanzierungskreislaufes im Verkehrssektor sowie
(2) die Abschaffung der Erneuerbare-Energien-Umlage (EEG-Umlage).
Die Einsetzung der Maut zur Besteuerung des Güterverkehrs auf der Straße beendet dessen indirekte Subventionierung und erlaubt es, dass daraus generierte Einnahmen, zumindest in Teilen, für die Finanzierung der Schiene verwendet werden können – nach dem Prinzip „Verkehr finanziert Verkehr“. Die Abschaffung der Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis zum 01. Juli 2022 dagegen machte Kosteneinsparungen für Güterbahn-Unternehmen möglich. Diese fallen allerdings insbesondere vor dem Hintergrund der Trassenpreis- und Strompreiskrise kaum ins Gewicht. Insgesamt ist die vorläufige Bilanz der Legislaturperiode der Ampel-Koalition sehr bescheiden. Die 25 verkehrspolitischen Vorhaben zeigen das mögliche Potenzial, der Transportwende Maßnahme um Maßnahme näher zu kommen. Durch die Umsetzung von lediglich zwei Vorhaben werden hier (buchstäblich) Chancen verschenkt.
Drei positive Maßnahmen, die nicht im Koalitionsvertrag und darum im Bingo nicht enthalten waren, wollen wir jedoch nicht verschweigen: Eine Strompreisbremse während der akuten Preiskrise in Folge des Angriffskriegs Russlands sorgte für Entlastungen der Unternehmen. Allerdings ist dies nicht zu verwechseln mit dem Ziel, „wettbewerbsfähige Industriestrompreise“ durchzusetzen – es war lediglich eine Akuthilfe, die keine Dauerlösung darstellte und auch keine nachhaltigen Veränderungen am Strommarkt mit sich brachte. Außerdem hat die Regierung im März 2023 angekündigt, Zusatzmittel in Höhe von 45 Milliarden Euro bis 2027 für die Infrastruktur bereitzustellen. In der vollen Höhe sind diese Gelder bislang nicht gesichert, doch hier wurden Gelder bereitgestellt, die der Koalitionsvertrag so nicht vorsah. Auch hervorzuheben: Durch eine Änderung am Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) kann notwendige Instandhaltung künftig aus öffentlichen Mitteln finanziert werden.
Bei drei Maßnahmen ließe sich mit einem zugedrückten Auge ein Feld abkreuzen – aber bei den GÜTERBAHNEN spielt Fairness eine große Rolle:
Es ist unwahrscheinlich, dass innerhalb des noch verbleibenden Jahres bis zur nächsten Bundestagswahl ausreichend viele Maßnahmen erreicht werden, um ein „Bingo“ zu erzielen.