Die Ampel-Regierung hatte sich Ende März 2023 im Koalitionsausschuss das Ziel gesetzt, bis 2027 45 Milliarden Euro zusätzliche Investitionsmittel für die Schiene zur Verfügung zu stellen. Das ist eine gute Nachricht für Deutschland, wirft allerdings viele Fragen auf, vor allem: Woher kommt das Geld, wofür sollte es verwendet werden – und mittlerweile auch: kommt es überhaupt in der Höhe? Üblicherweise werden sämtliche durch das Verkehrsministerium angemeldete Ausgaben zum Thema Verkehr im Bundeshaushalt im so genannten Einzelplan 12 Verkehr gelistet, also Gelder für Schienen, Straßen, Radwege usw. in Form von Investitionen, Verwaltungsaufwand und Beihilfen. Am 05. September beginnen die parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt 2024. Der gesamte Prozess mit Plenar- und Ausschussberatungen wird sich bis Anfang Dezember hinziehen.
Nur erste Schritte zur Umsetzung des anspruchsvollen Ziels hat die Bundesregierung gemacht. Im klassischen Haushaltsplanentwurf sollen im Einzelplan 12 insgesamt 11,5 Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Weitere 12,5 Milliarden Euro sollen bis 2027 erstmals aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) kommen. Das innerhalb der Bundesregierung begehrte und von den Unionsfraktionen in Teilen als verfassungswidrig bezeichnete und beklagte Sondervermögen sieht jedoch zurzeit nur eine erste Jahrestranche vor. Presseberichten zufolge werden außerdem eine Neuverschuldung der DB im Umfang von rund drei und eine Eigenkapitalzuführung seitens des Bundes in Höhe von 11,5 Milliarden Euro geprüft, die keine Konflikte mit der Schuldenbremse auslösen.
Um den Schienenverkehr nachhaltig zu stärken, müssen die 45 Milliarden Euro (und damit gut elf Milliarden Euro pro Jahr) auch wirklich „on top“ kommen sowie investiv und kapazitätssteigernd verausgabt werden. Wäre dies der Fall, würde die Regierung erstmals 2024 ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen, „mehr in die Schiene als in die Straße [zu] investieren“. Aktuell sieht der Haushaltsentwurf jedoch vor, dass insgesamt lediglich 350 Millionen Euro der im Vergleich zum Haushaltsplan 2023 zusätzlich vorgesehenen Mittel für Bundesschienenwege in kapazitätssteigernde Investitionen fließen sollen – das wären nur 12 Prozent mehr von einer schon sehr niedrigen Basis aus. Klar ist schon einmal, dass die Mittel zur sogenannten Generalsanierung des jahrelang vernachlässigten bestehenden Netzes einen großen Teil des Bedarfs ausmachen. Sanierung ist in erster Linie Wiederherstellung. Von der DB in diesem Zusammenhang geplante zusätzliche Erneuerungen auf den schon heute hochbelasteten Strecken können nur begrenzt zusätzliche Kapazität schaffen. Es ist daher entscheidend, dass der Bund endlich auch zusätzliche Mittel in Größenordnungen für den Ausbau des Netzes gibt. Ansonsten sind die politischen Ziele einer deutlichen Steigerung der Verkehrsleistung im Schienengüter- und Personenverkehr nicht erreichbar.
Trotz einer Erhöhung der Lkw-Maut, deren Mittel der Begründung der entsprechenden Gesetzesnovelle zufolge künftig erfreulicherweise auch für Schienen-Investitionen zur Verfügung gestellt werden sollen, fehlt noch immer ein Löwenanteil zur Gesamtsumme. Die Lkw-Maut bringt laut Haushaltsentwurf etwa 5,4 der jährlich versprochenen rund elf Milliarden Euro ein – die Hälfte fehlt also noch.
Im Haushaltsentwurf lässt die Regierung die Maut-Mehreinnahmen in signifikantem Umfang in den allgemeinen Haushalt fließen, sodass Mehreinnahmen größtenteils nicht zusätzlich und schon gar nicht für Alternativen für industrielle Verlader zur Verfügung stehen würden. So verpufft der Effekt schneller als der Verkehrsminister „Autobahnbau“ sagen kann.
Die schwächelnde Infrastruktur wird seit Jahren als größter Hemmschuh der Branche wahrgenommen. Ein Investitionshochlauf in dem für Neu- und Ausbau relevanten Bedarfsplan Schiene (Haushaltstitel 891 01-742) auf die vom BMDV als umsetzbar bezeicheneten sechs Milliarden Euro ist nicht geplant, 2024 sieht der Regierungsentwurf mit 2,3 Mrd. Euro nur 14 Prozent mehr vor als 2023. Außerdem müssen die Mittel stetig und sicher sein, die Vielzahl der „Finanzierungstöpfe“ wollte die Regierung verringern. Die neue DB-Infrastrukturgesellschaft und die Bauindustrie brauchen Planungssicherheit, wenn sie Planungs- und Baukapazitäten erhöhen sollen. Das heißt, es braucht mehr Geld und die Gewissheit, dass im Jahr danach nicht plötzlich wieder drastisch gekürzt wird. Die Beschleunigungskommission Schiene hat bereits vor einigen Monaten angeregt, die Finanzierung der Schienenwege auf zwei überjährige Infrastrukturfonds umzustellen (einer für Bestandserhalt, einer für den Ausbau), um diese Planungssicherheit zu schaffen. Das könnte im Zuge der Reformen zur Gemeinwohlorientierung der DB-Infrastruktursparten gleich mit erledigt werden, fehlt in den bisherigen Diskussionen jedoch.
Dass die versprochenen Mittel in voller Höhe im Einzelplan 12 Verkehr des Bundeshaushalts ankommen, ist vor allem eine Frage des politischen Willens. Das Geld ist da: So ließen DIE GÜTERBAHNEN bereits im Mai durch eine Studie des „Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)“ errechnen, dass durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen im Güterverkehr bis zu 6,5 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr zur Verfügung stünden.