Seit dem 01. Dezember 2023 ermöglicht eine Reform der Ampel-Regierung, dass mit Einnahmen aus der Lkw-Maut auch die Finanzierung der Schieneninfrastruktur unterstützt werden kann. Anstatt „Straße finanziert Straße“ und „Schiene finanziert Schiene“, heißt es jetzt wieder „Verkehr finanziert Verkehr“. 2024 konnten Lkw-Mauteinnahmen in Höhe von sechs Milliarden Euro für die Sanierung des Schienennetzes eingesetzt werden. Damit endete der fatale „Finanzierungskreislauf Straße“, den CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer 2010 eingeführt hatte. Die Unionsparteien stellen diese Errungenschaft derzeit wieder in Frage – von einem Rollback nach der Februarwahl ist allerdings dringend abzuraten.
Die Reform der Lkw-Maut war eine der wichtigsten Errungenschaften der Ampel-Regierung, die in der laufenden Legislatur zur Verkehrsverlagerung eingeführt wurde. Ein Element, das Erheben eines Mautteilbeitrages für die bisher nicht berücksichtigten Umweltfolgekosten der CO2-Emissionen des Lkw-Verkehrs, war dabei allerdings gar nicht optional. Diese sogenannten externen Kosten dem Verursacher anzulasten, war vor Jahren EU-weit für verbindlich erklärt worden. Deutschland hat dies im letzten zulässigen Moment mit der Mautreform umgesetzt. Aus eigener Kraft beendete Berlin zeitgleich den bisherigen Teufelskreis, die Lkw-Mauteinnahmen ausschließlich in den Straßenbau fließen zu lassen. Ein Großteil der durch die Erhöhung erzielten Mehreinnahmen kann nun auch in Deutschland dringend notwendige zusätzliche Gelder für das vernachlässigte und nicht ausgebaute Schienennetz bringen. Vorbild ist die Schweiz, die seit Anfang des Jahrtausends das Konzept „Verkehr finanziert Verkehr“ mit großem Erfolg nutzt und im alpenquerenden Gütertransit den Schienenanteil auf 75 Prozent hochgeschraubt hat. Selbst in Deutschland existierte in der Frühphase der erst 2005 verzögert eingeführten Lkw-Maut diese auf Verlagerung ausgerichtete Mittelverwendung. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition beendete 2010 auf Druck des Straßengüterverkehrsgewerbes diese Finanzierung von Transportalternativen zur Straße.
Unumstritten ist, dass verkehrspolitisch auch genügend Gelder für die Sanierung und Instandhaltung des Straßennetzes vorhanden sein müssen. Ein Fluss von Geldern von der Straße zur Schiene ist in der neuen Form aber nicht nur legitim und nötig – sie sorgt auch für die Verteilung knapper Ressourcen (Personal, Planung, ...) zwischen Schiene und Straße anhand der verkehrspolitischen Verlagerungsziele. Auch vor dem Bruch der Ampel-Koalition zeigte sich im Entwurf zum Bundeshaushalt 2025, dass die durch Studien belegte Erkenntnis, dass Neubau mehr Verkehr fördert, nicht überall angekommen ist: es wurden vier Mal so viele Mittel für den Neubau von Straßen als für den Neubau von Schienen eingeplant. Den Bundeshaushalt 2025 wird es vermutlich erst im kommenden Sommer geben. Schon heute aber wären bei einer Aufkündigung des Prinzips “Verkehr finanziert Verkehr” auch Schieneninfrastrukturprojekte gefährdet, die bis dato sicher geglaubt waren.
Aktuell kommt erschwerend hinzu, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs gegenüber dem Lkw durch eine Kombination aus stark steigenden Trassenpreisen und eine reduzierte Trassenpreisförderung geschwächt ist. Denn: Zehn Tage nach dem Inkrafttreten der Mauterhöhung zum 01. Dezember 2023 kürzte die Regierung ihre Förderung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr von 350 auf 179 Millionen Euro – im Januar 2024 sollte das immerhin noch um 50 Millionen Euro nach oben korrigiert werden. Für das Jahr 2025 stehen nur noch 200 Millionen Euro zur Verfügung. Zeitgleich steigen die Trassenpreise selbst jedes Jahr massiv an. Im Ergebnis müssen alle Güterbahnen ab dem übernächsten Wochenende real für die Nutzung des Schienennetzes einen Trassenpreis zahlen, der um 111 Prozent höher liegt als am 01. Dezember 2023. Die Lkw-Maut stieg hingegen im Dezember 2023 “nur” um 80 Prozent – einmalig für voraussichtlich fünf Jahre. Die verkehrsökonomische Lenkungswirkung der Lkw-Maut-Reform wurde so in kürzester Frist aufgezehrt. Dies delegitimiert jedoch weniger die Reform, als dass es der künftigen Regierung anzeigt, das Trassenpreissystem zu korrigieren, das in der jetzigen Form nicht wettbewerbsfähig ist. DIE GÜTERBAHNEN haben dazu Vorschläge unterbreitet.