Verlässlich, kundenorientiert und mit effizienten Strukturen – das ist das Erfolgskonzept, mit dem die privaten Güterbahnen inzwischen an der DB Cargo vorbeigeflogen sind und den Abstand immer größer werden lassen. Der aktuelle Bericht der Bundesnetzagentur zur Entwicklung der Wettbewerbssituation im Eisenbahnmarkt zeigt für 2023 einen Marktanteil von 61 Prozent – das sind zwei Prozentpunkte mehr als noch 2022. Im Wettbewerb mit dem Lkw verloren die Unternehmen im Schienengüterverkehr 2023 aber an Flughöhe. Keine gute Entwicklung, ist doch das übergeordnete politische Ziel nicht, Marktanteile innerhalb der Branche zu verschieben, sondern einen Marktanteil von 25 Prozent bis 2030 für den Schienengüterverkehr zu erzielen – und damit Marktanteile vom Lkw-Verkehr abzunehmen.
Letzte Woche stärkte die InnoTrans als weltweit größter Branchentreff die Eisenbahnbranche – wichtige Tage für Vernetzung und Austausch. Die Verkehrsleistung des Schienengüterverkehrs in Deutschland ging 2023 um fast zehn Prozent auf 127 Milliarden Tonnenkilometer zurück (2022: 140 Milliarden). Beim Lkw lag dieser Rückgang bei 4,7 Prozent. Dem Schienengüterverkehr wurden somit Marktanteile vom Lkw abgenommen, sodass der Anteil an der Gesamttransportleistung von 19,3 Prozent 2022 auf 19 Prozent 2023 zurückging. Diesem Rückgang liegen wirtschaftliche Faktoren wie die allgemeine Konjunkturflaute zugrunde, aber auch infrastrukturbedingte Herausforderungen in Form von zahlreichen Baustellen. Dabei machen sich Kostendruck und schwierige Rahmenbedingungen vor allem im Kombinierten Verkehr bemerkbar: Hier sind die Hürden zur Verlagerung auf die Straße besonders gering – eine Verlagerung auf die Schiene für den Hauptlauf sparen sich die Beteiligten dann. Außerdem hat bei schwacher Konjunktur der Fahrer:innenmangel eine geringere Bedeutung.
Dass dem Schienengüterverkehr Marktanteile vom Lkw abgenommen werden konnten, ist auch einer Verkehrspolitik mit historischem Bias zur Straße zu verdanken: Mehrinvestitionen von 4,2 Milliarden Euro innerhalb von sechs Jahren für den Bau neuer Bundesstraßen im Vergleich zur Schiene verliehen dem Lkw und nicht dem Schienengüterverkehr Auftrieb. Auch 2024 und laut Haushaltsplanentwurf der Bundesregierung 2025 soll in den kapazitätssteigernden Ausbau von Straßen mehr Geld fließen als in jenen der Schiene. Die absoluten Investitionen in den Neu- und Ausbau der Schiene liegen für 2025 laut Entwurf des Haushaltsplans drei Milliarden Euro niedriger als für die Straße. Der Wert könnte abgeschwächt werden, da die Deutsche Bahn beträchtliche Eigenkapitalerhöhungen erhalten soll. Allerdings wird regierungs- und DB-seitig derzeit kommuniziert, dass Sanierungen wichtiger seien als Kapazitätssteigerungen durch Neu- und Ausbau. Daher ist äußerst fraglich, ob von der Eigenkapitalerhöhung sonderlich viel Geld in den Schienenausbau fließen wird.
Innerhalb des Sektors fliegen private Güterbahnen aber mit kontinuierlich steigender Flughöhe am ehemaligen „Platzhirsch“ DB Cargo vorbei. So hatten Wettbewerbsbahnen 2019 noch einen Marktanteil von 54 Prozent, der 2020 auf 55 Prozent, 2021 auf 58 Prozent, 2022 auf 59 Prozent und 2023 schließlich auf 61 Prozent anstieg. Die Gründe für die Wachstumsgeschichte der privaten Wettbewerber sind vielfältig: Insgesamt überzeugen Wettbewerbsbahnen insbesondere durch Verlässlichkeit, schlanke Strukturen und Kund:innennähe. Immer stärker wirken sich auch ambitionierte technologische Neuerungen aus, die häufig von privaten Güterbahnen angestoßen werden und so die technologische Modernisierung des gesamten Sektors vorantreiben. Wie zum Beispiel der Einsatz von Dual-Mode- anstatt Diesel-Lokomotiven, der von innovationsfreundlichen Güterbahnen getestet wurde und ein tägliches Einsparpotenzial von 500.000 Litern Diesel zutage gefördert hat. Die DB Cargo dagegen stellte erst im März 2024 die erste Dual-Mode-Lokomotive ihrer Flotte vor.
Sie werden als treue Fans unseres Formats einen Unterschied gemerkt haben: Die Zahl des Tages heißt ab sofort „Rail in Numbers“. Abseits von Namen und Design ändert sich jedoch nicht so viel – es geht weiterhin um spannende, überraschende und wissenswerte Zahlen rund um den Schienengüterverkehr.