Der Neu- und Ausbau des Schienennetzes kommt in Deutschland kaum voran. Schon seit Jahren schafft es die vom Bund mit der Umsetzung beauftragte DB Netz AG nicht, selbst die zu geringen Mittel vollständig auszugeben.
Der Neu- und Ausbau des Schienennetzes kommt in Deutschland kaum voran. Nur 67 Kilometer neue Strecke kamen seit Ende 2018 bis Ende dieses Jahres neu hinzu. Der Bund, der nach Artikel 87 e des Grundgesetzes hierfür zuständig ist, hat seit vielen Jahren zu wenig Geld für den notwendigen und politisch längst beschlossenen Netzausbau zur Verfügung gestellt. Von 2016 bis 2020 stellte der Bund hierfür insgesamt nur 7,3 Mrd. Euro bereit, 2022 sollen es 1,9 Mrd. Euro werden. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen sieht einen Betrag von drei und später bis zu sechs Milliarden Euro pro Jahr als notwendig an, um das Schienennetz für die verkehrspolitischen Ziele der Regierung ausbauen zu können. Doch schon seit Jahren schafft es die vom Bund mit der Umsetzung beauftragte DB Netz AG nicht, selbst die zu geringen Mittel vollständig auszugeben. Seit 2014 hat sich der „Ausgaberest“ auf 839 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Damit könnte der Bund schon fast den seit vielen Jahren fehlenden Ausbau des Engpasses im Hinterland der Nordseehäfen zwischen Rotenburg und Verden finanzieren. Lediglich im Jahr 2017 konnte die DB Netz die bereitgestellten Mittel auch tatsächlich verbauen. Die Mittel sind in Finanzierungsvereinbarungen gebunden und werden laut DB Netz nach und nach verbaut, allerdings trifft das bisher nur auf 180 Mio. Euro im Jahr 2021 zu, womit noch ein gewaltiger Berg von 660 Mio. Euro übrig bleibt. Eine offizielle Begründung für den Mittelverzicht gibt es nicht, es dürfte sich aber um eine Mischung aus zu geringen Planungskapazitäten, zu langsamer Umsetzung und möglicherweise auch eine bewusste Zurückhaltung des Vorstandes der DB Netz AG handeln, der 10 Prozent jedes Projekts aus „Eigenmitteln“ mitfinanzieren muss. Diese Mittel hat die DB Netz nicht, unter anderem, weil sie ihren aus Trassenpreiseinnnahmen erwirtschafteten Gewinn über den DB-Konzern an den Bund abführen muss. Aber noch nicht einmal dieser Finanzierungskreislauf scheint zu funktionieren: Einem aktuellen Bericht des Bundesrechnungshofs zufolge, soll der DB-Konzern entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung Gewinne aus dem Monopolbereich Infrastruktur nicht an den Bund weitergegeben, sondern für andere Konzernbereiche genutzt haben. Neben einem deutlichen Mittelaufwuchs wird daher auch eine kontinuierlich sehr hohe Abrufquote der bereitgestellten Mittel benötigt. Dazu sind zwar in den vergangenen Jahren bereits diverse legislative Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung erfolgt. Wichtig ist nun aber, den Fokus auf die zu langsamen Abläufe bei der DB Netz, bei Behörden, Gerichten und Baufirmen zu legen sowie durch die im Koalitionsvertrag angekündigte Bahnreform einen gewinnfreien Betrieb und das Ende der Eigenmittelbeteiligung der DB Netz sicherzustellen. Der Ausbau muss endlich zügig in Fahrt kommen: Bei der letzten Aktualisierung des Bedarfsplans Schiene hat der Bundestag 2016 in 64 Einzelpositionen Schienenvorhaben für über 48 Mrd. Euro in Auftrag gegeben, von denen das Gros bis 2030 in Betrieb sein sollte. Zwischenzeitlich sind noch fast 180 Vorhaben im Umfang von weiteren rund 40 Mrd. Euro für notwendige Ausbaumaßnahmen zur Realisierung des Deutschlandtakt-Konzepts hinzugekommen. Die kommende Ampel-Regierung will die schnellere Realisierung systemrelevanter Schienenprojekte ermöglichen, einen neuen „Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040“ auflegen und „erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investieren“. Eine weitere Verbesserung würde ein Infrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild darstellen, der leider den Weg in den Koalitionsvertrag nicht gefunden hat. Durch eine langfristige Mittelbindung und stabile Finanzierung können Projekte frühzeitig geplant werden. Außerdem könnten im Einzelfall ungenutzte oder durch Verzögerungen nicht benötigte Mittel zwischenzeitlich in andere Projekte fließen. Die neue Ampelkoalition muss jetzt, das heißt schon zum Bundeshaushalt 2022 handeln, damit die Schieneninfrastruktur für die klimapolitisch notwendige Verkehrswende gerüstet ist.
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