Wenn Stellwerke nicht besetzt sind, dann steht der Schienenverkehr. Auf dem deutschen Schienennetz war das in den letzten Monaten die Norm statt der Ausnahme – Zugausfälle und Verspätungen sind die Folge. Mit einem Beschluss möchte die Bundesnetzagentur dieses Problem nun korrigieren. Doch die Maßnahmen sind zahm, werden frühestens Ende 2025 greifen und Stellwerksausfälle nicht verhindern.
Die Bundesnetzagentur hat am vergangenen Freitag ihren Beschluss in einem seit über einem Jahr schwelenden Verfahren um personalbedingt unbesetzte Stellwerke veröffentlicht. Das Ergebnis ist ernüchtern: Anstatt eine schnelle Verbesserung der Lage einzufordern, wird die DB InfraGO nur dazu verpflichtet, die eigenen, zu langsamen Pläne umzusetzen.
„Für solch ein zögerliches Vorgehen hätte es kein einjähriges Verfahren gebraucht. Man stelle sich vor, die Deutsche Flugsicherung hätte ständige Personalknappheit, sodass der Frankfurter Flughafen häufiger tagelang geschlossen wird und eine Verbesserung wird erst viele Monate – eigentlich Jahre – später eingefordert“, kritisiert Oliver Smock, eisenbahnpolitischer Referent der GÜTERBAHNEN.
Tatsächlich gab es den ersten großen Aufschrei in der Sache bereits 2013 – damals war ein Stellwerk in Mainz für mehrere Wochen unterbesetzt und löste deutschlandweit Chaos aus. Smock: „Die seinerzeit gelobte Besserung der Fehlplanungen beim Personal von der DB ist zehn Jahre später eine Farce. Als GÜTERBAHNEN fordern wir kurzfristige Verbesserungen und eine gesetzliche Pflicht für die InfraGO, ihre Stellwerke sofort zu besetzen. Es stehen hohe Preissteigerungen an, dann sollten die Unternehmen ein Minimum an Leistung erwarten können.“ Stattdessen folgt die Bundesnetzagentur der Planungslogik der InfraGO. Ausreichendes Personal für den Normalbetrieb wird danach erst Ende 2025 zur Verfügung stehen – schnellere Maßnahmen werden nicht gefordert.
Vor gut einem Jahr, am 12. September 2023, eröffneten DIE GÜTERBAHNEN das Beschwerdeverfahren bei der Bundesnetzagentur. Auslöser waren die vielen Meldungen von Mitgliedsunternehmen, die unter häufigen personalbedingten Stellwerksausfällen leiden. Durch das fehlende Personal kam und kommt es weiterhin zu weitreichenden Umleitern und ausfallenden Zügen – insbesondere an kritischen Stellen, wie im Großraum Frankfurt oder zuletzt am Stellwerk Gommern, das die derzeitige Sperrung Hamburg-Berlin empfindlich trifft. Wie die InfraGO im Verfahren offenlegen musste, fielen 2022 nahezu 7000 Personenzüge wegen unterbesetzten Stellwerken aus. 2023 setzte sich dieser Trend fort.
„Die Bundesnetzagentur wertet sich selbst und den Bedarf der Branche nach einer funktionierenden Infrastruktur mit diesem Beschluss ab. Es wird nichts erreicht, was die DB nicht von sich aus geplant hätte“, so Smock. Ob diese Pläne überhaupt ausreichend sind, ist fraglich. So wird der Personalbedarf weiterhin vom Infrastrukturbetreiber selbst bestimmt. Eine Erfüllung kann auch dadurch erreicht werden, vorab einen niedrigeren Personalbedarf in den Regionen auszuweisen.
Sollte die DB InfraGO den eigenen Plänen nicht nachkommen, um bis Ende 2025 einen ausreichenden Personalbestand aufzubauen, müssen Zwangsgelder an die Bundesnetzagentur gezahlt werden – maximal 65.000 Euro pro Region. Vor dem Hintergrund der jährlichen Einnahmen in Milliardenhöhe aus dem Trassenpreissystem, ist das kein echter Anreiz zur Verbesserung. „Zwangsgelder sind nicht der richtige Hebel. Ein besseres Mittel wäre es, die betroffenen Unternehmen direkt zu entschädigen“, so Smock. Mit Pönalen ist die Bundesnetzagentur in diesem Jahr bereits gescheitert – als man von der DB InfraGO erfolglos forderte, Baumaßnahmen zukünftig fristgerecht und inhaltlich korrekt anzukündigen. „Doch es zeigt sich: Der Infrastrukturbetreiber leistet lieber eine Ablasszahlung, als die eigenen Prozesse aufzuräumen.“
Damit drohen nun mindestens weitere anderthalb Jahre regelmäßiger Stellwerksausfälle, die Güter und Fahrgäste nur verspätet oder gar nicht ihr Ziel erreichen lassen. Ob es danach besser wird, ist unklar – die Bundesnetzagentur gesteht im Beschluss selbst ein, dass es bei der Erfüllung der geforderten Pläne auch zukünftig zu personalbedingten Ausfällen kommen dürfte.
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