Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer spricht sich für eine Bahnreform „3.0“ aus, die den DB Konzern auf die Einhaltung von Klimaschutzzielen verpflichten soll. Beim Verband der Güterbahnen wird die Frage gestellt, ob damit der eigentliche Reformbedarf der Eisenbahnorganisation verschleiert oder lächerlich gemacht werden soll.
Berlin, 20. Juli 2021
Eine zweite Bahnreform ist für das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) seit Jahren überfällig. Seine Forderungen macht der Verband in einem heute veröffentlichten Positionspapier deutlich. Für NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger handelt es sich bei der Ansage des Verkehrsministers um ein reines Ablenkungsmanöver. „Die DB hatte sich schon ambitionierte Klimaschutzziele gegeben, bevor Herr Scheuer überhaupt in den Bundestag einzog.“ Der gesamte Bahnsektor dränge die Politik seit Jahren zu ambitionierten Klimazielen im Verkehr. Westenberger: „Eine zweite Bahnreform aber, die diesen Namen verdient, muss bei der DB die Vermengung von Infrastruktur- und Verkehrsunternehmen, falsche Gewinnziele, Diskriminierung und Ineffizienz beenden.“ Die Güterbahnen hatten immer wieder zaghafte Vorstöße von Scheuer und der Unionsfraktion in der zu Ende gehenden Legislaturperiode für eine Diskussion über eine Bahnreform begrüßt und sich zuletzt enttäuscht über schwache Ausreden für den anhaltenden Stillstand gezeigt. Westenberger: „Erst war es die neue DB Strategie, dann die SPD und schließlich Corona, weswegen es angeblich nicht einmal Vorarbeiten zu einer Bahnreform geben konnte.
Die Güterbahnen fordern in ihrem Positionspapier, den bisher erreichten Abbau von Diskriminierung der Wettbewerber fortzuführen, denn es besteht weiterhin Bedarf, schon allein durch die nicht mit unterschiedlichen Zielen geführten Infrastruktur- und Verkehrsunternehmen der DB. Hinzu kommt, dass der Branchenriese DB ineffizient und damit im Infrastrukturbereich zu Lasten aller Bahnunternehmen arbeitet. Die neue Bundesregierung sollte – wie bereits 1991 zur ersten Bahnreform - eine unabhängige Expert:innenkommission einberufen, die bis 2022 die aktuelle Eisenbahnstruktur überprüft und bis Januar 2023 Vorschläge für geeignete Reformen macht, um die Schiene für die Aufgaben der kommenden Jahre zu rüsten. Diese sollte aus maximal sechs unabhängigen Expert:innen bestehen, die möglichst internationale praktische und theoretische Kenntnisse im Eisenbahnwesen, Verkehrsmarkt, der Unternehmens- und Verwaltungsorganisation, des Marketings und der Strategieentwicklung haben. Durch Umsetzung konkreter Reformvorschläge wird die Grundlage für mehr Verkehr auf der Schiene gelegt, was dem Klimaschutz mehr hilft als eine weitere Absichtserklärung, die die Forderung einer Bahnreform bewusst missversteht.
Westenberger: „Diese Umdeutung des Begriffs dürfte auch der Grund sein, wieso Bundesverkehrsminister Scheuer von einer Bahnreform 3.0 redet, obwohl wir noch nicht einmal 2.0 gesehen haben. Das scheint maßgeschneidert für eine DB zu sein, die keine Reformen will. Substanzielle, dringend notwendige Veränderungen rücken damit in den Hintergrund, während man sich im Wahlkampf für mehr Klimaschutz beklatschen lässt.“
Pressekontakt: Peter Westenberger, mobil: + 49 170 485 486 4, E-Mail: westenberger@netzwerk-bahnen.de