Sollten die jährlichen Bundesmittel für den Neu- und Ausbau des deutschen Schienennetzes auf dem derzeitigen Niveau von 2,1 Mrd. Euro bleiben, bräuchte Deutschland bis 2090, um nur seine derzeit wichtigsten geplanten Schienenwege zu bauen. Kostenpunkt: 140 Mrd. Euro insgesamt. Das gekürzte, lange nur minimal ausgebaute und mit immer mehr Zügen an vielen Stellen überlastete Schienennetz muss deutlich schneller erweitert werden.
Würden ab 2023 6 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, bräuchte die künftige „gemeinwohlorientierte Schieneninfrastrukturgesellschaft“ rechnerisch „nur“ bis 2046, um die Projektliste des vom Bundestag beschlossenen „Bedarfsplan Schiene“ abzuarbeiten. Ungefähr das Dreifache des heutigen Budgets könnte nach Expertenmeinung von der Bauindustrie jährlich ohne gravierende Störungen für den laufenden Betrieb in neue oder erweiterte Strecken verbaut werden.
Die Finanzierung stockt jedoch: 2023 steigt die entsprechende Budgetposition des Bundes von 2 auf 2,1 Mrd. Euro. Zu wenig: Die Situation auf dem Netz beweist, dass der Bund schleunigst die nötigen Ressourcen mobilisieren muss. Die durch DB Netz und Bundesverkehrsminister angekündigte Korridorsanierung ist im Grundsatz richtig. Da es dabei aber um die Sanierung und Modernisierung vorhandener hochbelasteter Strecken geht, bringt sie nur wenig zusätzliche Kapazität. Die kommt nur durch Neu- und Ausbau und die vorab dringend nötigen Kleinen und Mittleren Maßnahmen zustande. Das gilt auch für baubedingte Sperrungen, damit über Umleitungsstrecken der größte Teil des Verkehrs weiterlaufen kann.
6 Mrd. Euro ab 2023 sind in diesem Fall nur ein Rechenexempel, um zu veranschaulichen, dass wir mit dieser Summe in einem noch angemessenen Zeitrahmen blieben. Verbauen könnte man die 6 Mrd. Euro nicht sofort, es bräuchte zusätzliche Planungs- und Baukapazitäten sowie Baurecht. Gerade deshalb wäre neben einer schnellen und verlässlichen Anhebung der Mittel die Sicherung eventuell nicht sofort ausgegebener Mittel in einem überjährig nutzbaren Schieneninfrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild nötig. Das wäre ein wichtiges Signal an die Branche, um zu zeigen „Wir packen die Vorhaben jetzt an, wir brauchen mehr Personal und Maschinen“. Auf dem derzeitigen Niveau zu verharren, liefert die Botschaft, dass mehr Ressourcen gar nicht benötigt werden. Diesen Teufelskreis muss der Bund durchbrechen und auch die nötigen Anreize für Planungs- und Baupersonal setzen. Wer heute an Autobahnen baut, könnte morgen schon Schienen legen, wenn das Geld nicht länger in immer weiteren Straßenneubau fließt. Im Haushalt 2023 hält sich die Regierung jedoch nicht an ihren eigenen Koalitionsvertrag, wo sie angekündigt hatte, mehr in die Schiene als in die Straße zu investieren. Der Abstand lag zuletzt bei 1,8 Mrd. Euro Vorsprung für die Straße. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sollte das Neu- und Ausbaubudget für die Schienenmittel bis 2025 auf 2,75 Mrd. Euro ansteigen. Die Abgeordneten der Ampel-Koalition haben bei der Beratung des Bundeshaushalts für die kommenden beiden Jahre schon insgesamt 338 Mio. Euro zusätzlich in Form von Verpflichtungsermächtigungen für Neu- und Ausbau draufgelegt. Gut, aber von der Umsetzung der eigenen verkehrspolitischen Ziele – 60 % mehr Güterverkehr im Schienennetz bis 2030 - noch sehr weit entfernt.