Erst solide Konzepte, dann solide Finanzierung
Viele kleine Infrastruktur-Maßnahmen, 740m-Netz und Eisenbahnknoten
Eines war Enak Ferlemann, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, im Rahmen seines Auftritts als Gastredner bei der Veranstaltungsreihe „Zu Gast bei Freunden“ des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) e. V. so wichtig, dass er es mehrfach betonte: „Die Schiene ist der Verkehrsträger des 21. Jahrhunderts.“ Dies gelte gerade mit Blick auf die in der Tagesaktualität diskutierten Schwierigkeiten.
Ferlemann ging detailliert und kenntnisreich auf die Chancen und Herausforderungen des Systems Schiene ein. Die amtierende Regierung habe im Koalitionsvertrag viel zum Thema Eisenbahn verabredet, dies werde jetzt Stück für Stück umgesetzt. Viele hätten beispielsweise nicht geglaubt, dass die geplante Trassenpreishalbierung tatsächlich komme, doch die Regierung habe Wort gehalten, selbst wenn es am Ende keine glatte Halbierung geworden sei. Auch die weiteren Ziele des Masterplans Schienengüterverkehr würden abgearbeitet. So solle es auch sein: Branche und Politik müssten in einem ersten Schritt solide Konzepte erarbeiten, das sei erfolgt und erfolge weiter. Erst in einem zweiten Schritt, der jetzt anstehe, werde dann solide finanziert. Beim Deutschlandtakt habe sein Haus einen ersten Entwurf abgeliefert, wichtig sei ihm, dass die Bedürfnisse des Schienengüterverkehrs gleichberechtigt neben denen des Schienenpersonennah- und -fernverkehrs stünden. Er rate dazu, den Fokus auf viele kleine und weniger auf die großen Verbesserungen bei der Schieneninfrastruktur zu richten. Zwei Dinge erschienen ihm dabei besonders wichtig: Infrastruktur für 740m-Züge, hier sei das Programm bereits gestartet, und eine Verbesserung der Situation an Schienenknoten. Bei der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) 3 seien die Beteiligten kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen, so dass sie pünktlich im Jahr 2020 in Kraft treten könne. Die volle Leistungsfähigkeit des Schienennetzes werde mit dieser und den folgenden LuFVen bis 2040 erreicht. Diese letzte Jahreszahl war dann doch etwas ernüchternd für die Zuhörer, ansonsten gelang es Ferlemann aber, Aufbruchstimmung zu verbreiten.
Um den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur reden zu hören hatten sich weit über 80 Personen angemeldet. Ein weiteres Mal war dies eine große Bandbreite von teils hochrangigen Gästen aus der Politik, den Ministerien und Ämtern sowie von Industrie- und Verkehrsverbänden. Peter Westenberger, Geschäftsführer des NEE, freute sich darüber, dass der Wettbewerb beim Schienengüterverkehr angesichts eines Marktanteils der Wettbewerbsbahnen von ungefähr 50 Prozent mit weiter steigender Tendenz funktioniere. Erfreulich sei auch das Wachstum bei den Tonnenkilometern, 85 Prozent seit 1996. Allerdings wollten Politik, Bevölkerung und verladende Wirtschaft noch viel mehr Verkehr auf der Schiene. Ein Finanzierungsplus für das System Schiene sollte deshalb nicht dem Ausgleich von Effizienzdefiziten bei der DB dienen, sondern in Modernisierung für die Verkehrsverlagerung fließen. Schließlich müsse die Eisenbahnorganisation so verändert werden, dass die Verantwortung für Infrastruktur einerseits und Schienenverkehr andererseits endlich klar getrennt werde. Eine gewinnfrei betriebene Servicestruktur könne Kundenorientierung und Effizienz für alle Eisenbahnunternehmen deutlich verbessern. Angesichts eines wieder einmal anstehenden Krisengesprächs beim Ex-Monopolisten warnte Westenberger: „Es ist ein Irrweg zu glauben, es müssten nur ein paar Köpfe rollen, und schon verbessere sich die Situation des Systems Schiene in Deutschland“.
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